Von Spielebars bis Improtheater: Heilbronn kürt kreative Köpfe für die Innenstadt

Von Robert Mucha, Foto: DallE/Robert Mucha

Während andere Städte noch über Leerstandsquoten jammern, macht Heilbronn Nägel mit Köpfen. Der Gründerwettbewerb “Raum für Ideen” bringt frischen Wind in die City – und zeigt, dass Innovation nicht nur auf dem Bildungscampus stattfindet.

Es ist ein Freitagmorgen im Juli in Heilbronn, und die Luft knistert vor Spannung. 18 Gründer stehen in den Startlöchern, bereit, ihre Vision für die Innenstadt zu präsentieren. Fünf Minuten haben sie Zeit, die Jury zu überzeugen. Ein Hauch von “Höhle der Löwen” weht durch den Ratssaal, nur dass hier nicht Investoren, sondern die Zukunft einer ganzen Stadt auf dem Spiel steht.

Am Ende des Tages stehen drei Sieger fest, die das Gesicht Heilbronns in den kommenden Jahren prägen könnten. Und wer gedacht hatte, dass in der Käthchenstadt nur Weinschorle und Kneipenromantik eine Chance hätten, wird eines Besseren belehrt.

Auf Platz eins landet Paul Würtemberger mit seiner Spielebar “Zug-um-Zug”. Der 30-jährige Mastermind hat erkannt, was der digitalen Generation fehlt: echte Interaktion. Statt einsam am Smartphone zu daddeln, sollen die Heilbronner hier bald gemeinsam Brett- und Retro-Videospiele zocken. Die Jury ist begeistert von der Idee, Gastronomie und Gaming zu verbinden – und das Ganze auch noch in stylischen Upcycling-Möbeln.

Mit 25.000 Euro Mietkostenzuschuss und weiterem Startkapital kann Würtemberger nun loslegen. “Wir wollen einen Ort schaffen, an dem sich die Menschen wieder begegnen”, erklärt er sein Konzept. Dass er dabei auf Nachhaltigkeit setzt, passt perfekt ins Bild einer Stadt, die sich gerade neu erfindet.

Auf Platz zwei landet ein alter Hase im Einzelhandelsgeschäft: Wolfgang Frommer will mit seinem “Studio Dreipunkteins” die Männermode in Heilbronn revolutionieren. Der 60-Jährige beweist, dass Gründergeist keine Frage des Alters ist. In der Kirchbrunnenstraße 31 will er das Mobiliar des ehemaligen Bekleidungshauses Palm weiterverwenden – ein cleverer Schachzug, der bei der Jury gut ankommt.

Den dritten Platz sichert sich Christina Fernandes Lopes mit ihrem Improtheater “Viewchanger”. Die Versicherungskauffrau und Theaterpädagogin bringt damit ein Stück Großstadtkultur nach Heilbronn. Ihr Ziel: Menschen durch Schauspiel und Tanz zu stärken. Ein Konzept, das zeigt, dass die Stadt mehr zu bieten hat als nur Hightech und Handel.

Oberbürgermeister Harry Mergel ist sichtlich stolz auf die Gewinner: “Die Vielfalt und Kreativität der Konzepte zeigt, dass Heilbronn ein Zentrum für Innovation und Unternehmergeist ist.” Tatsächlich liest sich die Liste der Preisträger wie ein Querschnitt durch die moderne Stadtgesellschaft: vom technikaffinen Millenial über den erfahrenen Einzelhändler bis zur kreativen Quereinsteigerin.

Doch der Wettbewerb ist mehr als nur eine Talenteshow. Er ist Teil einer größeren Strategie, mit der Heilbronn den Strukturwandel in der Innenstadt aktiv gestaltet. “Wir wollen nicht nur zusehen, wie sich unsere City verändert”, erklärt Stefan Ernesti, Leiter der Wirtschaftsförderung. “Wir wollen diesen Wandel selbst in die Hand nehmen.”

Dass dabei nicht nur auf etablierte Konzepte gesetzt wird, zeigt die Zusammensetzung der Jury. Neben Vertretern aus Wirtschaft und Politik saßen auch Experten aus dem Bildungssektor und den Medien am Tisch. Ein klares Signal: Hier geht es um mehr als nur um Umsatzzahlen.

Für die Gewinner beginnt jetzt die spannendste Phase. In den kommenden Monaten werden sie von Mentoren begleitet und können auf ein breites Netzwerk zurückgreifen. “In Heilbronn ziehen alle an einem Strang”, lobt Kirsten Hirschmann, Präsidentin der IHK Heilbronn-Franken. “Das macht uns als Standort so attraktiv für Gründer.”

Ob Spielebar, Männermode oder Improtheater – die neuen Konzepte zeigen, dass Heilbronn mehr ist als die Summe seiner Teile. Hier entsteht eine urbane Mischung, die weit über die Grenzen der Region hinaus Strahlkraft entwickeln könnte.

Am Ende des Tages steht fest: Heilbronn hat verstanden, dass die Zukunft der Innenstädte nicht im Festhalten am Alten liegt, sondern im mutigen Blick nach vorn. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet hier, zwischen Neckar und Wartberg, die Blaupause für die City von morgen entsteht? Die Gründer machen’s möglich – und ganz Heilbronn schaut gespannt zu.