Von Robert Mucha, Foto: DallE/Robert Mucha
Zwei Generationen, eine Mission: Bildung made in Germany nach Ägypten bringen. Bernhard Meder und Ansgar Meroth von der Hochschule Heilbronn erzählen von ihren Erfahrungen am Nil – von Busflotten, Wolkenkratzern und einer überraschend modernen Universitätslandschaft.
Stellen Sie sich vor, Sie fahren morgens mit 59 anderen Bussen zur Uni, vorbei an Wolkenkratzern, die aussehen wie aus einem Science-Fiction-Film. Klingt nach New York? Weit gefehlt. Willkommen in Kairo, dem pulsierenden Herzen der ägyptischen Hochschullandschaft.
Bernhard Meder und Ansgar Meroth, zwei Professoren der Hochschule Heilbronn (HHN), haben genau das erlebt – wenn auch mit 55 Jahren Abstand. Meder, heute 92, war von 1966 bis 1971 in Ägypten, um das “Cairo Higher Institute for Technology” aufzubauen. Meroth hingegen ist seit 2019 regelmäßig vor Ort und hat die German International University mitbegründet.
“Die Forschung ist hervorragend”, schwärmt Meroth gegenüber der Heilbronner Stimme. “Inhaltlich ist sie auf demselben Niveau wie in Deutschland.” Was ihn besonders beeindruckt: der hohe Frauenanteil, sowohl unter den Studierenden als auch im Kollegium. “Sie sind alle sehr selbstbewusst. Es ist eine bunte, internationale Mischung”, berichtet er der Zeitung.
Doch nicht alles ist wie daheim. Meroth erklärt der Heilbronner Stimme: “Deutsche Studierende sind um einiges selbstständiger – man könnte auch sagen, mehr allein gelassen – während Studierende in Ägypten viel mehr an die Hand genommen und begleitet werden.” Der Grund dafür sei vor allem personeller Natur.
Ein weiterer Unterschied: die Karrierewege. In Ägypten sei die klassische Hochschulkarriere noch die Norm. “Dieses System versuchen wir zu durchbrechen”, sagt Meroth. Um die Industrie und Studierenden zusammenzubringen, haben sie eine ungewöhnliche Strategie entwickelt: “Wir haben deswegen viele Industriechefs auf den Campus geholt, um sie mit Praktikanten zu vernetzen”, erzählt er der Heilbronner Stimme.
Und das Leben neben dem Campus? “Man hat alles vor der Haustür”, berichtet Meroth. Neu-Kairo sei eine moderne Stadt mit Kinos, Einkaufszentren, Biergärten und Musikkneipen. Die Universitäten selbst bezeichnet er als “architektonische Wunderwerke”.
Bernhard Meder, der Pionier unter den beiden, hat sogar den Sechstagekrieg 1967 in Ägypten miterlebt. Der Heilbronner Stimme erzählt er von dramatischen Szenen: “Geht nach Hause”, hieß es mitten in den Prüfungen. Später sah er Bomben einschlagen. Nach einer kurzen Evakuierung wurde er aber schnell zurückbeordert. “Wir sollten schnell wieder zurückkommen. Es war wichtig, Präsenz zu zeigen”, erinnert er sich.
Trotz der Jahrzehnte, die zwischen ihren Erfahrungen liegen, sind sich Meder und Meroth in einem Punkt einig: “Es ist angenehm, dort zu leben”, sagen beide der Heilbronner Stimme. Meroth fügt hinzu: “Viele europäische Firmen entdecken Ägypten neu. Es gibt eine gute Entwicklungsindustrie.” Als Beispiele nennt er Bosch und Valeo, die Fertigungsstätten in Kairo aufgebaut haben.
Von Pyramiden und Praktika, von Kriegserlebnissen und Karrierechancen – die Geschichte der deutsch-ägyptischen Hochschulkooperation ist so vielfältig wie das Land am Nil selbst. Und wenn es nach Meder und Meroth geht, ist das erst der Anfang. Denn eines ist klar: In Ägyptens Hörsälen wird nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Völkerverständigung gelebt.