Bei “Bildung auf den Punkt” diskutieren Experten über den richtigen Einsatz von Künstlicher Intelligenz an Schulen. Dabei wird klar: Nicht alle Lehrer ziehen mit. Dabei sollte es eigentlich darum gehen, was Schüler brauchen.
Von Tanja Ochs, Foto: Mario Berger
Künstliche Intelligenz erobert alle Lebensbereiche, auch die Schulen. Einige Lehrer nutzen die neuen Tools bereits im Unterricht, andere sind skeptisch. Wie sich KI mit dem Bildungsauftrag verträgt, ob die Schulen die richtigen Voraussetzungen dafür haben und wie sich Bildung verändern wird, waren Themen bei “Bildung auf den Punkt”. Die Veranstaltungsreihe von AIM und Heilbronner Stimme greift bildungspolitische Themen auf und lässt dabei Vertreter aus Politik, Lehrer, Schüler und Eltern zu Wort kommen.
“Schulen kommen bei der Digitalisierung nicht zur Ruhe”, erklärt Simon Gajer, Redakteur der Heilbronner Stimme, einleitend. Erst forderte Corona ein Umdenken, jetzt die KI. Deren Einsatz sei allerdings durchaus lehrerabhängig, berichten Schülerinnen des Paul-Distelbarth-Gymnasiums in Obersulm. “Da ist Luft nach oben”, weiß auch Sandra Boser, Staatssekretärin im Stuttgarter Kultusministerium. Sie diskutierte auf dem Podium im Forum des Bildungscampus gemeinsam mit Fabian Karg, stellvertretender Direktor des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg, und Thomas Bornheim, Geschäftsführer der Programmierschule 42 in Heilbronn, über Chancen und Herausforderungen. Dabei wurde eines deutlich: “Schulen können KI nicht weglassen”, sagt Sandra Boser. Natürlich müsse ein kritischer Umgang gepflegt werden, und auch Datenschutz sei wichtig. “Aber wir werden in Zukunft alle KI-Anwender sein.”
KI ersetzt keine Lehrer
Das bedeute nicht, dass KI künftig Hausaufgaben erledigt oder Lehrer ersetzt. Es müsse eine Diskussion darüber gefühlt werden, wie weit Schulen mit den Tools gehen wollen, sagt Sandra Boser. “Wir müssen uns Gedanken machen, was Kinder wissen müssen.” Zum Beispiel brauchten sie neben Fachwissen auch Problemlösungskompetenz, um völlig neue Aufgaben anzugehen. Auch Karg erklärt, anderes Wissen sei nötig: “Prompting ist das, was man in Zukunft braucht.” Das ersetze nicht die eigene Sprachkompetenz, aber einfach einen Aufsatz zu Hause schreiben zu lassen, sei keine zeitgemäße Hausaufgabe: “Natürlich kann das KI machen.”
Dabei bleiben aus seiner Sicht Grundfertigkeiten ein wesentliches Element der Bildung, trotzdem müsse der Unterricht gedreht werden. “Die Guten werden mit ChatGPT immer besser”, ist Karg sicher. Nicht, weil die KI übernimmt, sondern weil sie richtig angewendet wird. Es gehe darum, die richtigen Ansprüche zu entwickeln. Dass dabei viele Länder wesentlich weiter sind, wird schnell klar: “Deutschland ist Entwicklungsland bei der Digitalisierung”, betont Bornheim.
KI ersetzt nicht den persönlichen Austausch
Der Einwurf aus dem Publikum, KI könne nicht alle Fragen des Lebens beantworten, fand keinen Widerspruch: “Den persönlichen Austausch kann niemand ersetzen”, sagt auch Sandra Boser. KI werde nicht zu einer Vier-Tage-Woche in der Schule führen. Es gehe nach wie vor darum, sich Wissen anzueignen, auch “über und mit KI”. Diese könne zudem eine Unterstützung für Lehrer sein.
Für den richtigen Einsatz bietet das Landesmedienzentrum digitale Fortbildungen an, 50.000 Anmeldungen habe es dafür im vergangenen Jahr gegeben, sagt Sandra Boser. “Das Interesse ist groß”, bestätigt Fabian Karg. Von einer Fortbildungspflicht halte er hingegen nichts: “Was man unter Zwang macht, macht man nicht gerne.” Aber es sei eine Frage der Haltung: “Wir müssen anders auf die Schüler zugehen.”
Ohne Digitalisierung kein Wohlstand
Offenheit für Neues wünscht sich auch Sandra Boser. Und Thomas Bornheim sagt ganz deutlich: “Wir können die Digitalisierung auch lassen, aber die Frage ist: Ist uns Wohlstand wichtig?” Man müsse sich darüber im Klaren sein: Wer aussteigt, steigt auch aus den Möglichkeiten aus, Zukunft zu gestalten. Er hoffe, so der 42-Leiter, dass Lehrer vor allem die Chancen der KI sehen.
Um die neuen Tools einzusetzen, braucht es aber zunächst die entsprechende Ausstattung an den Schulen, da gebe es “sehr gute Möglichkeiten”, erklärt die Staatssekretärin. Man habe unterschiedliche Töpfe im Land, auch für Administratoren. “Wir warten auf Anträge”, spielte sie den Ball an die Kommunen zurück. Auch im Kultusministerium wünsche man sich “Strukturen, wo es funktioniert”. Das Ziel sei pädagogischer und technischer Support an jeder Schule.
Anmeldung für die nächste Veranstaltung
Bildung auf den Punkt ist eine Veranstaltung von AIM und Heilbronner Stimme. Bei der nächsten Podiumsdisskussion geht es um den Lehrermangel. Zum Thema “So steht es um die Unterrichtsversorgung: Wo sind all die Lehrerinnen und Lehrer hin?” diskutieren am Donnerstag, 14. Dezember, ab 17 Uhr im Forum auf dem Bildungscampus unter anderem Staatssekretär Volker Schebesta, Micha Pallesche, Leiter der Ernst-Reuter-Gemeinschaftsschule in Karlsruhe, und Anne Sliwka vom Institut für Bildungswissenschaft der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.
Mit freundlicher Genehmigung der Stimme Mediengruppe & der Heilronner Stimme