Heilbronns schnellster Container: Wie aus Brandruinen ein Forschungslabor wuchs

Von Robert Mucha, Foto: DHBW Heilbronn

Manchmal ist der Umweg ein Fortschritt. In Heilbronn haben 42 Hochsee-Container ein temporäres Wunder vollbracht und beweisen, dass akademische Exzellenz nicht unbedingt Marmorsäulen und Gründerzeitfassaden braucht.

Es gibt Gebäude, die ihre Bedeutung durch Patina und Geschichte gewinnen. Und dann gibt es solche, deren Charme in ihrer Zweckmäßigkeit liegt. Am Campus der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn steht seit kurzem ein Ensemble aus rechteckigen Modulen, das auf den ersten Blick an eine moderne Version der Arche Noah erinnert – nur dass hier keine Tiere, sondern Wissenschaft Zuflucht gefunden hat.

Als im Dezember 2024 ein Feuer Teile des bisherigen Laborgebäudes der DHBW Heilbronn verschlang, hätte dies ein herber Rückschlag für die akademische Landschaft der Stadt werden können. Doch was zunächst nach Katastrophe klang, hat sich innerhalb von nur fünf Monaten in eine nüchterne Erfolgsgeschichte verwandelt.

„Was mich immer wieder erstaunt, ist, dass wir mit den neuen Räumlichkeiten nicht nur neue Räume mit einer fantastischen Ausstattung gewonnen haben, sondern dass wir uns sogar noch vergrößern konnten“, erklärt Verwaltungsleiterin Brigitte Spriegel bei der offiziellen Eröffnung der neuen Laborräume am 13. Mai. Ihre Worte klingen nicht wie die einer Managerin, die gerade eine Notlösung einweiht, sondern wie die einer Strategin, die einen Coup gelandet hat.

Über 50 Mitarbeitende der DHBW und des Center of Advanced Studies nahmen an der feierlichen Besichtigung teil. Was sie sahen, war keine Verlegenheitslösung, sondern ein maßgeschneidertes Laborareal: 540 Quadratmeter für Forschung, Lehre und Innovation – 200 Quadratmeter mehr als im früheren Hofkammergebäude zur Verfügung standen.

In den neuen Laboren wurden neben Vorbereitungsküchen für Sensorik und Kulinarik auch ein eigener Vorlesungsraum für Wirtschaftsinformatik geschaffen. Besonders profitiert der neue Studiengang „Personalisierte Ernährung“, der nun von einem spezialisierten Laborteam betreut wird. Es ist eine jener zukunftsweisenden Disziplinen, die genau in das Profil von Heilbronn als aufstrebendem Bildungsstandort passen.

„Diese Übergangslösung ist für uns purer Luxus“, sagt Laborleiterin Monika Wilke. „Unsere Studierenden fühlen sich hier sehr wohl.“ Ihre Worte enthalten eine subtile Ironie: Was als Provisorium gedacht war, entpuppt sich als Upgrade. Was hätte ein Schandfleck werden können, wird zum Aushängeschild.

Rektorin Prof. Dr. Nicole Graf findet ebenfalls lobende Worte: „Wir danken der Dieter Schwarz Stiftung für diese exzellente Ausstattung. Und natürlich für den Wiederaufbau in Rekordtempo nach dem Schock im Dezember.“ Bereits sechs Tage nach Übergabe der Räume am 1. April 2025 fanden die ersten Lehrveranstaltungen statt – ein Tempo, das man bei öffentlichen Bauvorhaben selten erlebt.

Das Laborzentrum „DHBW Sensoricum“, wie die Container-Ensemble offiziell heißt, ist mehr als nur eine architektonische Notlösung. Es ist ein wichtiger Baustein für Forschung und Lehre in den Bereichen Ernährung, Gesundheit, Lebensmitteltechnologie, Nachhaltigkeit und Marktforschung. Hier können Studierende praxisnah forschen und innovative Produkte entwickeln – genau jene Art von angewandter Wissenschaft, für die die duale Hochschule bekannt ist.

Während die Planung für ein dauerhaftes neues Gebäude bereits angelaufen ist, hat sich die Übergangslösung bereits jetzt als wertvoller Experimentierraum erwiesen. Die Erkenntnisse aus dem Container-Laborkomplex sollen direkt in die Konzeption des künftigen Gebäudes einfließen – ein lebendiges Beispiel für iteratives Design.

Die Geschichte der Heilbronner Container-Labore ist mehr als eine Anekdote aus dem Hochschulalltag. Sie ist ein Lehrstück darüber, wie aus der Not eine Tugend werden kann, wie Krisen zu unerwarteten Innovationen führen können. In einer Zeit, in der Bildungseinrichtungen oft unter räumlicher Enge und veralteter Infrastruktur leiden, zeigt die DHBW Heilbronn, dass manchmal ein Brand nötig ist, um Platz für Neues zu schaffen.

Und während anderswo über lange Bauzeiten und explodierende Kosten geklagt wird, hat die Dieter Schwarz Stiftung einmal mehr bewiesen, dass sie nicht nur finanziell, sondern auch in Sachen Pragmatismus und Geschwindigkeit ein zuverlässiger Partner ist. Vom Brand im Dezember bis zur Wiederaufnahme des Lehrbetriebs im April – fünf Monate für ein komplett neues Laborgebäude, das größer und besser ist als sein Vorgänger. Es ist die Art von Effizienz, die man in Heilbronn zu schätzen weiß.

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