Heilbronner Bahnhofsvorstadt: Kiez-Potenzial oder Gefahr des Leerstands?

Von Redaktion, Foto: Archiv

Die Bahnhofsvorstadt wandelt sich. Wo früher Lokomotiven gebaut wurden, trifft sich heute die freie Kulturszene. Wo einst Pendler hastig vorbeizogen, entstehen neue Orte der Begegnung. Eine Spurensuche in einem Viertel zwischen Tradition und Transformation.

Manchmal braucht es nur einen Kaffeeduft, um eine Stadt zu verändern. Einen Geruch, der sich in die Gedanken schleicht, der Menschen innehalten lässt zwischen historischen Fassaden und Nachkriegsarchitektur. Die Macher vom „Erstmal Kaffee“ haben das verstanden. Sie eröffnen nun ihr zweites Lokal in der Bahnhofsvorstadt, dort wo bis vor kurzem noch die Jäkbar ihre Gäste empfing.

Es ist dieser Mix, der das Viertel prägt. Ein urbanes Mosaik aus Alt und Neu, aus Tradition und Aufbruch. „Die Mieten sind hier ein bisschen niedriger als in 1A-Lagen, so dass man sich als Gastronom risikoärmer ausprobieren kann“, erklärt Robert Mucha der Heilbronner Stimme. Mucha kennt das Viertel, hat es zusammen mit Prof. Dr. Yvonne Zajontz von der DHBW Heilbronn für die Schwarmstadt-Studien unter die Lupe genommen. Die beiden erforschen seit Jahren, was Heilbronn für junge Menschen attraktiv macht. Eine Expertise, die sich auch in Muchas Blick auf die Bahnhofsvorstadt spiegelt.

Rund um den Kaiser-Friedrich-Platz zeigt sich, was entstehen kann, wenn man einer Gegend Zeit zum Atmen gibt. Das Hartman’s, längst Institution geworden, teilt sich die Nachbarschaft mit einem Altenheim. Auf dem Spielplatz nebenan treffen sich die Generationen, während aus der Kaufland-Zentrale die Mittagspause auf die Straße schwappt.

Das eigentliche Herzstück aber ist die Maschinenfabrik. Wo früher Lokomotiven vom Band rollten, pulsiert heute die freie Kulturszene. „Die Einrichtung der Maschinenfabrik hat sich längst bewährt“, bestätigt die Stadt Heilbronn der Heilbronner Stimme. Ein „spartenübergreifendes soziokulturelles Angebot“ sei entstanden, „schon jetzt nicht mehr wegzudenken“.

Nur die große Veranstaltungshalle, sie lässt noch auf sich warten. Lärmschutz, Brandschutz, Dachsanierung – die üblichen Verdächtigen der Verzögerung. Dabei könnte gerade sie dem Viertel den entscheidenden Schub geben. „Wenn die Lärmschutzwand vollendet ist, können dort auch größere Konzerte stattfinden. Dann bekommt die Maschinenfabrik nochmal eine ganz andere Strahlkraft als bisher schon“, sagt Mucha.

Natürlich gibt es auch Leerstände. Das Traditionslokal Eckstein macht Pause, das Nosh’t hat nach einem Todesfall nicht wieder geöffnet. Doch gerade diese Lücken könnten neue Chancen bieten. „Zwei, drei kleine Lädchen würden dem Kiez gut tun“, zitiert die Regionalzeitung Mucha, „vielleicht Boutiquen oder ein Studio von einem guten Tätowierer.“

Was dem Viertel noch fehlt, fragt die Heilbronner Stimme? „Ein Ort, wo sich alle automatisch treffen, gerade auch Studenten. Wo man erfährt, wo WG-Partys stattfinden oder ein Job frei wird“, sagt Mucha. Vielleicht entsteht er ja gerade, dieser Ort. Die neue Blitz-Brücke verbindet das Viertel bereits mit dem Neckarbogen, Fahrradstraßen durchziehen das Quartier.

Der Dreiklang für den Erfolg sei einfach, meint Mucha: „Man braucht ein bisschen Mut, ein bisschen Glück und ein bisschen Unterstützung.“ Die Bahnhofsvorstadt hat davon bereits eine ganze Menge. Und wer weiß – vielleicht ist es am Ende wirklich nur der Duft von frisch gemahlenem Kaffee, der die Menschen zusammenbringt.

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