Heilbronn eröffnet Mobilitätswoche: Wenn die Ampel denken lernt

Von Robert Mucha, Foto: DallE/Robert Mucha

Im Innovationszentrum UIH startet die Europäische Mobilitätswoche. Verkehrsminister Winfried Hermann spricht über intelligente Technik, alte Ampeln und wie Künstliche Intelligenz den urbanen Verkehr revolutionieren soll.

Es ist Montagmorgen im Herzen von Heilbronn, und das Innovationszentrum UIH öffnet seine Türen für die Europäische Mobilitätswoche. Landesverkehrsminister Winfried Hermann steht auf einem Fahrradsimulator, die VR-Brille fest auf der Nase. Er strampelt durch eine virtuelle Stadt, weicht imaginären Hindernissen aus. Dann nimmt er die Brille ab, wischt sich über die Stirn und sagt der Heilbronner Stimme: “Vieles funktioniert nicht, weil noch mit einer alten, nicht intelligenten Technik gearbeitet wird.”

Er meint die Ampeln, die vor 30 Jahren programmiert wurden und bis heute den Takt angeben. Er spricht von unnötigen Wartezeiten, von einem Verkehr, der sich staut, weil die Technik stehengeblieben ist. Aber jetzt, hier in Heilbronn, soll sich das ändern. Künstliche Intelligenz in der Mobilität sieht Hermann als große Chance für den urbanen Raum. “Wirksam eingesetzt, können neue Technologien wie Künstliche Intelligenz einen Beitrag für mehr Klimaschutz und Sicherheit im Verkehr leisten und so die Lebensqualität verbessern”, sagt er der Heilbronner Stimme.

Rund 2,2 Millionen Euro investiert das Verkehrsministerium in ein Projekt, an dem die Heilbronner Hochschule (HHN) gemeinsam mit dem Forschungszentrum Informatik (FZI), dem Karlsruher Institut für Technologie und SSP Consult arbeitet. Das Herzstück dieses Projekts ist ein digitaler Zwilling – ein virtuelles Abbild der Stadt, gebaut auf großen Datenmengen, das reale Verkehrsräume simuliert und analysiert.

Professor Raoul Zöllner, Prorektor für Forschung, Transfer und Innovation bei der HHN, erklärt der Heilbronner Stimme: “Mit dem digitalen Zwilling schaffen wir eine Erprobungsgrundlage für zahlreiche Technologien, von der Optimierung des Verkehrsflusses bis hin zu intelligenten Schutzmechanismen gegen Cyberangriffe.” Es ist, als würde man dem Verkehr eine Seele geben, ihn verstehen, bevor man ihn verändert.

Im Innovationszentrum in der Sülmerstraße 21 kann man diesen digitalen Zwilling bis zum 22. September live erleben. Verkehrsminister Hermann hat es vorgemacht. Der Fahrradsimulator kombiniert virtuelles und reales Fahren, ermöglicht es, Verkehrsszenarien zu testen, ohne Menschen zu gefährden. Hermann gesteht der Heilbronner Stimme: “Ich selbst hätte mich bei der simulierten Fahrt auf dem Rad mindestens zehn Mal in Lebensgefahr gebracht.”

Das Ziel ist klar: Menschliches Verhalten und unterschiedliche Verkehrsflüsse sollen simuliert werden. Je nach Ergebnis können intelligente Ampelschaltungen installiert oder Gefahrenstellen beseitigt werden. Selbst die Auswirkungen eines geplanten Radwegs kann die KI darstellen. “Straßen und Verkehr sind wie ein Organismus”, sagt Zöllner der Heilbronner Stimme. “Man kann von außen draufschauen, aber auch bis in die Adern und die Moleküle reinzoomen.”

Für die Stadt Heilbronn bietet diese Technologie vielfältige Möglichkeiten. Oberbürgermeister Harry Mergel sagt bei der Eröffnung der Mobilitätswoche der Heilbronner Stimme: “Heute haben wir das Problem, den Verkehr zu verschieben.” Stadt und Region hätten lange vom Automobil profitiert, doch nun gelte es, mehr Platz für Fahrradfahrer und den ÖPNV zu schaffen. Bis 2030 solle der Anteil der Autos im innerstädtischen Verkehr von jetzt 60 auf 50 Prozent reduziert werden. “Dafür benötigen wir intelligente Konzepte”, so Mergel.

Baubürgermeister Andreas Ringle sieht in der KI für den urbanen Raum ein großes Anwendungsfeld für Bauvorhaben und deren Umsetzung. Derzeit arbeitet die Stadt an einem Verkehrskonzept für die Anbindung des Ipai im Norden. Neben Straße und Radschnellweg bildet der ÖPNV mit Stadtbahn, Bus und möglicherweise Seilbahn die dritte Säule.

Im Innovationszentrum UIH ist die Zukunft zum Greifen nah. Die Ausstellung ist bis zum 22. September täglich von 15 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt ist frei. Unter den Exponaten: das autonom fahrende Logistikfahrzeug “Paxi”. Dieses batteriebetriebene Gefährt kann von Bürgern per App angefordert werden, um Waren wie Einkäufe aus der Innenstadt zu einem bestimmten Ort liefern zu lassen. Das Ziel: den Verkehr in den Stadtquartieren nachhaltig zu reduzieren und zugleich die Logistik effizienter zu gestalten.

Heilbronn hat die Zeichen der Zeit erkannt. Wenn Ampeln denken lernen und Autos Platz machen, entsteht Raum für eine Stadt, die atmet. Und der digitale Zwilling zeigt schon heute, wie das aussehen kann.