Wasser wird eine zunehmend wertvollere Ressource. Von undichten Stellen im Erdreich kriegen Verbraucher aber oft nichts mit, wenn sie den Hahn aufdrehen. Das Ferdinand-Steinbeis-Institut und die Heilbronner Versorgungs GmbH möchten gegen Verluste vorgehen.
Von Lisa Könnecke, Foto: Midjourney/Robert Mucha
Ob eine undichte Stelle im Wasserrohr oder eine permanent rinnende Toilettenspülung: Gründe, warum beim Verbraucher nicht so viel Wasser ankommt, wie eingespeist wurde, gibt es viele. In Europa gehen allein im Leitungsnetz bis zu 23 Prozent des Trinkwassers verloren. Das geht aus einem Bericht der europäischen Vereinigung der nationalen Verbände in der Wasserver- und Abwasserentsorgung hervor.
Auch in Heilbronn ist Wasserverlust ein Thema. Im dortigen Netz kommen laut aktuellen Erhebungen etwa acht Prozent des eingespeisten Trinkwassers nicht beim Endverbraucher an.
Viele Akteure sind mit im Boot
Wie man die Ressource Wasser schonen und in Zukunft nachhaltiger mit ihr umgehen kann, darüber machen sich derzeit Wissenschaftler des Ferdinand-Steinbeis-Instituts sowie Vertreter aus unterschiedlichen Fachbereichen Gedanken.
Neben der Heilbronner Versorgungs GmbH (HNVG) ist für das Projekt “smarte Wasserversorgung” beispielsweise auch die Expertise von Bauunternehmen gefragt, die Rohre einbauen oder Ventile wechseln, sowie die von Versicherungsunternehmen, die ein Interesse daran haben, dass es gar nicht erst zu einem Rohrbruch kommt, erklärt Heiner Lasi, wissenschaftlicher Leiter des Ferdinand-Steinbeis-Instituts.
Die Sommer werden trockener, der Wasserverbrauch höher
“Wir können nicht mehr so weitermachen wie bisher.”, betont Lasi. So wie es im Bereich Energie ein Umdenken gegeben habe, rücke künftig auch Wasser als immer wertvollere Ressource in den Fokus. Die Sommer werden trockener, der Wasserverbrauch höher. Es brauche ein Aufwachen im Umgang mit Wasser. “Wir haben hier ein echtes Leuchtturmprojekt”, sagt Lasi.
Lobende Worte gibt es auch von Frank Schupp, HNVG-Geschäftsführer: “Der ganzheitliche Aspekt begeistert uns.” Akteure aus allen Richtungen seien miteinbezogen. Werden Leitungsschäden frühzeitig erkannt, könnten Bauunternehmer wirtschaftlicher agieren, nachhaltiger mit Wasser umgegangen werden und auch der Geldbeutel von Endverbrauchern geschont werden.
Mit einem Versuchsfeld in Heilbronn gestartet
Das Versuchsfeld ist erst einmal überschaubar: eine Straße mit fünf Häusern und einem Mehrfamilienhaus im Heilbronner Süd-Westen wurden ausgewählt. Dort wurden im Herbst des vergangenen Jahres Sensoren und digitale Wasseruhren eingebaut. Mithilfe der Technologie werden Daten gesammelt, um künftig abzuleiten, wie Algorithmen gestaltet werden müssen, damit undichte Stellen ausfindig gemacht werden. “Je später der Schaden erkannt wird, desto höher die Folgeschäden”, betont Frank Schupp.
Läuft nachts wegen eines Rohrbruchs plötzlich ein Keller voll, sei ein Notfalleinsatz mit deutlich mehr Aufwand und Kosten verbunden als gezielt einzugreifen. Auch die Anwohner des Versuchsfelds wurden mit ins Boot geholt, betont Lasi, der mit Frank Schupp vor Ort war und Aufklärung sowie Überzeugungsarbeit leistete. Durch persönliche Gespräche habe man den Anwohnern Bedenken und die Angst bezüglich der Verwendung von sensiblen Daten nehmen wollen.
Sorgen wegen Datenschutz aus dem Weg räumen
Die digitalen Wasseruhren seien nicht dazu da, um zu überprüfen, wie oft oder wann jemand unter der Dusche steht oder wer seine Waschmaschine vor dem Urlaub abgeschaltet hat, betont Schupp. Die gewonnen Daten werden in Schaubilder übersetzt, eine Art digitaler Zwilling, der die vorgefundene Realität aus Leitungen, Schächten, Durchfluss und Wasserdruck abbildet. “Das ist eine neue Art der Datenverarbeitung”, sagt Heiner Lasi. Es gehe nicht um den Personenbezug, sondern um die Abbildung von Objekten.
Die bisher gesammelten Daten geben Aufschluss über die Differenz zwischen dem, was ins Netz gespeist wird, und dem, was letztendlich beim Endverbraucher ankommt, informiert Heiner Lasi. Für weitere Auswertungen brauche es aber mehr Zeit und Daten. Der Direktor des Ferdinand-Steinbeis-Instituts schaut optimistisch in die Zukunft: Würde die Digitalisierung entsprechend genutzt, könnte es möglich sein, Verluste im Leitungsnetz auf unter sechs Prozent zu senken, wagt er eine vorläufige Prognose. Je nachdem, was die Zukunft an Erkenntnissen bringt, könnte das Projekt auch flächendeckend für Heilbronn adaptiert werden.
Mit freundlicher Genehmigung der Stimme Mediengruppe & der Heilronner Stimme

