Von Robert Mucha, Foto: Ideogram/Robert Mucha
In Heilbronns Schulen hat die Zukunft bereits begonnen: Alle Kinder und Jugendlichen der staatlichen Schulen können Tablets bekommen. Ein ambitioniertes Projekt der Wissensstadt, finanziert von Stadt und Dieter-Schwarz-Stiftung, begleitet von der Akademie für Innovative Bildung und Management. Doch während die Schüler jubeln, kämpfen manche Lehrer noch mit den digitalen Herausforderungen.
Der Schulranzen wird leichter, die Köpfe aber nicht unbedingt. „Das ist praktisch“, sagt Jonas Hirsch, Schülersprecher am Theodor-Heuss-Gymnasium, der Heilbronner Stimme. Er arbeite mit dem Tablet strukturierter. „Zettel zu verlieren, das sei nicht mehr möglich – eben weil sie digital vorlägen“, erzählt er dem Lokalblatt.
Es ist die digitale Revolution im Klassenzimmer, die in Heilbronn konsequenter vorangetrieben wird als in vielen anderen deutschen Städten. Während andernorts noch über WLAN-Löcher und Kreidestaub diskutiert wird, können hier dank der Digitalen Bildungsoffensive alle staatlichen Schulen Tablets für sämtliche Schüler und Lehrer beantragen.
Die Wissensstadt Heilbronn und ihre Partner machen’s möglich: Stadt und Dieter-Schwarz-Stiftung finanzieren nicht nur die Geräte, sondern übernehmen auch den technischen Support. Die Akademie für Innovative Bildung und Management (AIM), eines der 17 Mitglieder der Wissensstadt, begleitet das ambitionierte Projekt mit Schulungen und Fortbildungen.
„Viele Lehrer haken bei diesen Fortbildungen zum sogenannten Class-Room-Management nach“, erklärt AIM-Geschäftsführer Marco Haaf der Heilbronner Stimme. Sie wollen wissen, „wie sie den Unterricht mit Tablets gestalten und trotz der Geräte noch Herr des Geschehens sein“ können. Die Nachfrage nach diesen Schulungen ist so groß, dass die AIM bereits an ihre Kapazitätsgrenzen stößt – selbst nachdem sie für diese Aufgabe extra Personal aufgestockt hat.
Die Praxis im Klassenzimmer ist beeindruckend: Jugendliche erstellen per Tablet Präsentationen, ältere Schüler nutzen die Geräte für eigene Mitschriften. Lehrer teilen Dateien per Knopfdruck, und wenn ein Schüler seine Hausaufgaben der ganzen Klasse zeigen möchte, verbindet er sein Tablet einfach mit der digitalen Tafel.
Die Wissensstadt Heilbronn zeigt hier, wie der Transfer von der Hochschul- in die Schulwelt gelingen kann. Während am Campus der TUM Heilbronn, der Hochschule Heilbronn oder der DHBW längst digital gearbeitet wird, müssen die Schulen nachrüsten, um die Talente von morgen vorzubereiten.
Doch nicht alles läuft reibungslos. Wie von Eltern zu hören ist, nutzen manche Kinder die Tablets in den Pausen zum Spielen. Deshalb sollen die Geräte künftig so konfiguriert werden, dass nur noch ausgewählte Apps und ein bestimmter Browser laufen. Die Balance zwischen digitaler Freiheit und pädagogischer Kontrolle – ein schmaler Grat.
Lenius Rummel, ebenfalls Schülersprecher am THG, sieht vor allem einen praktischen Vorteil: „Der Schulranzen ist deutlich leichter“, sagt er der Heilbronner Stimme. Ein Argument, das viele Eltern überzeugen dürfte, deren Kinder täglich mit schwerem Gepäck zur Schule marschieren.
Noch leichter wäre es natürlich, wenn alle Schulbücher digital zur Verfügung stünden. Das Robert-Mayer-Gymnasium denkt bereits über eine Umstellung nach, wie Schulleiterin Antje Kerdels gegenüber der Heilbronner Stimme erklärt. Allerdings sei nicht vorgesehen, alle Bücher zu ersetzen.
Die Digitale Bildungsoffensive ist ein weiterer Baustein in Heilbronns Transformation zur Wissensstadt. Während auf dem Bildungscampus die experimentierfreudige Programmierschule 42 ohne klassische Lehrer auskommt und die experimenta wissenschaftliche Phänomene interaktiv erlebbar macht, bereiten die Schulen nun die nächste Generation auf eine Zukunft vor, in der digitale Kompetenz unerlässlich sein wird.
Ein letztes Detail: Nicht alle Schüler dürfen ihre Tablets mit nach Hause nehmen. Die digitale Revolution in Heilbronn – sie ist in vollem Gange, aber noch nicht abgeschlossen.