Von Robert Mucha, Foto: DHBW CAS
Ein Masterstudiengang in Heilbronn nimmt den Schwitzkasten-Ansatz bei der Ausbildung von Führungskräften: erst innehalten, dann reflektieren, dann verändern. Statt Kennzahlen und Power-Point stehen hier Selbstreflexion und Teamradar im Stundenplan. Ein Besuch bei denen, die lernen, wie man richtig führt.
Die Szene könnte aus einem alternativen Management-Handbuch stammen: Eine Gruppe Führungskräfte sitzt im Kloster, unter jahrhundertealten Gewölben, und spricht nicht über Quartalsberichte oder Marketingstrategien, sondern darüber, wer sie eigentlich sind und was sie antreibt. In einer Welt, in der Führung oft mit Dominanz und Durchsetzungsvermögen gleichgesetzt wird, wirkt das fast wie ein revolutionärer Akt.
„Klarheit der Teamziele, der Aufbau von Verbundenheit und Vertrauen, effektive Kommunikation sowie klare Regeln des Zusammenspiels sind entscheidende Faktoren für erfolgreiche Teamarbeit“, erklärt Björn Müller-Kalthoff, der als Führungskräfte-Coach und systemischer Berater das Modul „Assuring Impact“ im Masterstudiengang Executive Engineering am Center for Advanced Studies der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn leitet. Ein Satz, der in jedem Management-Ratgeber stehen könnte – und doch klingt er hier, im Kontext eines bewusst aus dem Alltag herausgelösten Seminars, plötzlich weniger nach Floskel und mehr nach ernsthafter Erkenntnis.
Der Masterstudiengang Executive Engineering richtet sich an Führungskräfte, die in Unternehmen mit steigendem Technologieanteil arbeiten – Menschen also, die zwischen technischen Innovationen und menschlicher Führung eine Balance finden müssen. Während der Rest des Studiums von analytischen und fachlichen Themen dominiert wird, konzentriert sich das dreiteilige Seminar „Assuring Impact“ auf etwas, das in Führungsetagen oft vernachlässigt wird: die Person hinter der Funktion.
Was hier geschieht, ist kein typisches Hochschulseminar. Die Teilnehmenden werden bewusst aus ihrer Komfortzone geholt. Mal findet das Seminar auf einer Burg statt, mal im Kloster, mal während einer Wanderung. Die Annahme dahinter: Nur wer gewohnte Pfade verlässt, kann neue entdecken. Es ist eine Methode, die an alte monastische Traditionen erinnert, in denen Rückzug und Kontemplation als Wege zu tieferer Erkenntnis galten.
Der Ablauf folgt einem bewährten Muster: Nach einem Impuls des Dozenten folgen Selbstreflexion, Austausch und die Dokumentation der eigenen Erkenntnisse. Im Zentrum steht die Transferreflexion – hier formulieren die Studierenden ihre persönlichen Schlussfolgerungen und befragen sich gegenseitig dazu. Ein methodisches Vorgehen, das die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Erkenntnisse tatsächlich den Weg in den Führungsalltag finden.
„Dieser Studiengang bietet die außergewöhnliche Gelegenheit, praxisnah an der persönlichen und beruflichen Entwicklung von Studierenden mitzuarbeiten“, sagt Müller-Kalthoff, der das Modul seit seinem Beginn begleitet. Für ihn scheint es eine besondere Freude zu sein, die Studierenden bei ihrer persönlichen Entwicklung zu begleiten – ein seltenes Privileg in einer Bildungslandschaft, die oft auf quantifizierbare Ergebnisse fixiert ist.
Die Reaktionen der Teilnehmenden sprechen für sich: „Das ist ja richtig praxisrelevant, da habe ich noch nie daran gedacht“ – solche Äußerungen zeigen, wie ungewohnt diese Art der Reflexion für viele ist. In einer Arbeitswelt, die von Effizienz und Zielerreichung geprägt ist, bleibt oft wenig Raum für die grundlegende Frage: Wie kann ich das Beste aus mir und meinem Team herausholen?
Das Seminar setzt auf praktische Tools wie Case Reflections oder das Teamradar als Diagnoseinstrumente. Es geht nicht um abstrakte Theorien, sondern um konkrete Handlungsansätze. Die Tatsache, dass die Studierenden aus verschiedenen Unternehmen kommen und während des Seminars an wechselnden Orten zusammenarbeiten, fördert zudem den Austausch über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg.
In Heilbronn, der Stadt, die sich in den letzten Jahren zu einem wichtigen Bildungsstandort entwickelt hat, passt ein solches Programm ins Bild. Mit dem Bildungscampus, der Technischen Universität München und zahlreichen anderen Bildungseinrichtungen hat sich die Stadt zu einem Ort entwickelt, an dem innovative Bildungskonzepte auf fruchtbaren Boden fallen.
Was die Teilnehmer des Executive Engineering-Masterstudiengangs auszeichnet, ist laut Müller-Kalthoff „ihre Bereitschaft, Offenheit und Neugier“ – Eigenschaften, die sie für ihre Unternehmen besonders wertvoll machen. In einer Zeit, in der Führungs- und Gestaltungskompetenzen zunehmend gefragt sind, könnte dieser Ansatz Schule machen.
Wer jetzt neugierig geworden ist: Bis zum 30. Juni können sich Interessierte noch für einen Studienplatz in Executive Engineering bewerben. Eine Gelegenheit, Führung neu zu denken – nicht als Kontrolle und Anweisung, sondern als Reflexion und Gestaltung.