Von Robert Mucha, Foto: experimenta
Die neue Lichtinstallation „Echo“ am KI-Pavillon in Heilbronn lädt zum Mitmachen ein: Stimmen, Klänge und Geräusche der Passanten steuern das farbenfrohe Lichtspiel auf der Fassade. Gesteuert von einer Künstlichen Intelligenz, reagiert die Installation auf jede Interaktion – ein kreatives Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Architektur.
Ein Trichter als Schnittstelle – So wird Klang zu Farbe
Es ist kurz nach Einbruch der Dunkelheit, wenn der KI-Pavillon auf dem Experimenta-Platz in Heilbronn zu leuchten beginnt. Doch es sind nicht einfach zufällige Farben, die über die Fassade wandern. Hier geben die Menschen den Takt vor – im wahrsten Sinne des Wortes. Wer spricht, singt oder klatscht, löst eine Reaktion aus. Der Schall wird von einem metallischen Trichter eingefangen und von einer Künstlichen Intelligenz (KI) analysiert. Das Ergebnis: ein Farbspiel, das je nach Klangart, Intensität und Rhythmus variiert.
„Mit dem ‚Echo‘ möchten wir zum kreativen Austausch zwischen Mensch, Maschine und Architektur anregen“, erklärt Prof. Dr. Bärbel Renner, Geschäftsführerin der experimenta. „Ziel ist es, im öffentlichen Raum ein sinnlich erlebbares Ausstellungsgebäude zu schaffen – im bewussten Kontrast zur Körperlosigkeit von Künstlicher Intelligenz.“
Mit dieser Idee bringt die experimenta Bewegung auf den Platz. Passanten werden Teil der Installation – nicht als Zuschauer, sondern als aktive Mitgestalter. Jede Interaktion verändert das Lichtbild, jede Stimme schafft ein neues visuelles Muster.
Technik, die lernt – Wie die KI die Fassade formt
Was auf den ersten Blick spielerisch wirkt, ist technisch hochkomplex. 65 Lichtkörper, eingebettet in den Fensterrahmen des 27 Meter langen Pavillons, projizieren die Farben in einem 10-Grad-Winkel zwischen der Polycarbonatfassade und einem dahinterliegenden Blendschutz. Das Zusammenspiel aus Licht, Klang und KI macht die Fassade zu einer lebendigen Leinwand.
Die zentrale Rolle übernimmt die Künstliche Intelligenz. Sie analysiert die akustischen Eingaben und erkennt, ob gesprochen, gesungen oder geklatscht wurde. Daraus generiert die KI Farbmuster, die die Geschwindigkeit, die Helligkeit und die Dynamik der Lichteffekte steuern. Mit der Zeit wird die KI immer besser: Durch wiederholte Interaktion passt sie ihre Interpretation der Klangsignale an und kann die Eingaben genauer zuordnen. Die Farbspiele werden dadurch zunehmend variantenreicher.
Doch diese Präzision kommt nicht von allein. Das Projekt ist das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit: Das Licht- und Architekturstudio dipol aus Berlin entwarf die visuelle Konzeption und die “Lichtsprache”. Die technische Umsetzung der Lichtkörper und deren präzise Platzierung entlang der Fassade übernahm das Studio Barthelmes. Die Programmierung der Künstlichen Intelligenz wurde gemeinsam mit dem Media Artist Christian Riekoff und dem KI-Berater Pavel Mayer realisiert. Den markanten Trichter, über den die Klangimpulse eingespeist werden, steuerte die Firma Kurt Hüttinger bei.
Farbe trifft Gefühl – Warum die Installation mehr als Lichtkunst ist
Von außen mag es wie eine Spielerei aussehen – Licht an, Licht aus, Farben wechseln. Doch hinter „Echo“ steckt ein tieferer Gedanke. Künstliche Intelligenz ist oft unsichtbar, versteckt in Algorithmen, die unbemerkt im Hintergrund arbeiten. „Echo“ macht die Arbeit der KI sichtbar, fühlbar und vor allem: erlebbar.
Durch die Verbindung von Klang und Farbe entsteht eine intuitive Form der Interaktion, die keiner Bedienungsanleitung bedarf. Jeder, der vorbeikommt, kann mitmachen. Ein kurzes Klatschen, ein Wort, ein Ruf – schon verändert sich das Bild. Die Installation schafft damit eine Form der Begegnung zwischen Mensch und Maschine, die spielerisch und unmittelbar ist.
„Je mehr die Außenwelt mit dem ‚Echo‘ kommuniziert und interagiert, desto vielfältiger wird der Lichtzauber“, heißt es in der Pressemitteilung der experimenta. Hier zeigt sich, wie Interaktion und Lernen Hand in Hand gehen: Die KI analysiert, interpretiert und reagiert – und mit der Zeit passt sie sich an.
Eine Bühne für Heilbronn – Ein Ort, der Menschen zusammenbringt
Die Wirkung von „Echo“ entfaltet sich besonders bei Dunkelheit. Der Pavillon verwandelt sich in eine Bühne, und die Menschen davor werden zu Künstlern, die mit Stimmen, Klängen und Gesten das Lichtspiel dirigieren. Für die experimenta ist es eine Einladung an die Menschen, sich mit den Potenzialen der KI auseinanderzusetzen – nicht als Bedrohung, sondern als kreativer Dialogpartner.