Von Robert Mucha, Foto: Ideogram/Robert Mucha
Während anderswo noch über CO2-Bilanzen diskutiert wird, zieht die Hochschule Heilbronn gleich eine ganze Earth Week auf. Vom 22. bis 26. April verwandelt sich der Campus in ein Labor für gelebte Nachhaltigkeit. Mit dabei: eine Fernsehmeteorologin, ein Stadtoberhaupt und hunderte Studierende, die beweisen wollen, dass Klimaschutz mehr ist als ein Hashtag auf Instagram.
Es gibt diese Momente im akademischen Betrieb, wo sich für einen Augenblick lang die Elfenbeintürme öffnen und das wahre Leben hereinströmt. An der Hochschule Heilbronn (HHN) wird ein solcher Moment gerade minutiös geplant. Für fünf Tage im April wird die Wissensstadt zeigen, dass sie mehr sein will als eine Ansammlung von Hörsälen und Laboren – dass sie Teil der ökologischen Lösung sein will.
„Umwelt- und Klimaschutz geht uns alle an“, sagt Rektor Oliver Lenzen, der gemeinsam mit Oberbürgermeister Harry Mergel zur stadtweiten Müllsammelaktion „Heilbronn CleanUp“ aufruft. Die beiden Männer, die sonst in ihren jeweiligen institutionellen Sphären wirken, werden an diesem Tag Seite an Seite mit Studierenden durch die Stadt ziehen. Mit Handschuhen und Müllsäcken bewaffnet, werden sie zum Symbol einer Bewegung, die akademisches Wissen und praktisches Handeln verbinden will.
Die Earth Week, die vom 22. bis 26. April an allen Standorten der Hochschule stattfindet, ist dabei mehr als nur eine Reihe wohlmeinender Vorträge. Sie ist ein lokaler Mikrokosmos dessen, was seit 1970 weltweit am Earth Day zelebriert wird: die Idee, dass kleine Handlungen, multipliziert mit Millionen von Teilnehmern, die Welt verändern können.
Das Programm liest sich wie ein ökologisches Wimmelbild. Da gibt es die Kleidertauschbörse, bei der Modebewusste ihren Beitrag gegen die Fast-Fashion-Industrie leisten können. Oder die Solar-Werkstatt des Vereins Faszination Technik, in der aus Recycling-Material und Restbeständen Solarfahrzeuge gebastelt werden – ein Schritt vom Müll zum Mobilitätskonzept der Zukunft. Im Jugend hackt Lab werden Mikrocontroller und Sensoren mit Umweltdaten gefüttert, während einige Räume weiter Studierende über die Anwendungsmöglichkeiten von KI für nachhaltige Entwicklung diskutieren.
Die Wissensstadt Heilbronn, die sich in den letzten Jahren mit dem Bildungscampus, der experimenta und dem Innovationspark für Künstliche Intelligenz (Ipai) neu erfunden hat, zeigt hier eine weitere Facette ihres Wandels: von der Industriestadt zur ökologischen Vordenkerin.
Besonderes Highlight der Woche ist der Vortrag von Dr. Katja Horneffer, der Leiterin des ZDF-Wetterteams, die zum Auftakt am TechCampus über „Extremwetter im Klimawandel“ sprechen wird. Die Frau, die vielen aus den abendlichen Wetterkarten im Fernsehen bekannt ist, wird das abstrakte Phänomen Klimawandel an diesem Tag mit lokalen Daten und persönlichen Erfahrungen verbinden.
Es ist ein symbolträchtiges Zusammentreffen: Die Meteorologin, die seit Jahren die Symptome des Klimawandels dokumentiert, trifft auf eine Hochschule, die aktiv an den Heilmitteln forscht. In den Fakultäten der HHN werden täglich Konzepte für nachhaltige Mobilität, ressourcenschonende Produktion und energieeffiziente Gebäude entwickelt.
Auch die anderen Mitglieder der Wissensstadt dürften den Impuls aufnehmen. Das Fraunhofer IAO, das Ferdinand-Steinbeis-Institut und die DHBW – sie alle arbeiten an Technologien und Konzepten, die den ökologischen Wandel vorantreiben können. Und am Campus der Technischen Universität München in Heilbronn beschäftigen sich Studierende mit nachhaltigen Geschäftsmodellen und verantwortungsvoller Unternehmensführung.
So wird aus dem Earth Day eine Earth Week und aus einem global gedachten Symbol ein lokal gelebtes Experiment. Die Hochschule Heilbronn beweist damit, dass die Wissensstadt nicht nur über Wissen verfügt, sondern auch den Willen hat, dieses Wissen in konkretes Handeln zu übersetzen. Vom 22. bis 26. April können alle, die möchten, Teil dieses Experiments werden – und vielleicht ein kleines Stück Zukunft mitgestalten.