Von Robert Mucha, Foto: Neufeld Immobilien GmbH
Einst war es das Herz des Heilbronner Einzelhandels, dann Symbol des Innenstadtverfalls. Nun soll ausgerechnet das Wollhaus zum Vorboten einer neuen Ära werden: 150 Studenten ziehen ein und bringen frischen Wind in die City. Eine Geschichte über unerwartete Allianzen und die Kraft der Bildung.
Wer in diesen Tagen am Wollhaus vorbeischlendert, dem bietet sich ein ungewohntes Bild: Statt gähnender Leere hinter verstaubten Schaufenstern herrscht hier plötzlich geschäftiges Treiben. Handwerker schleppen Baumaterial, Kabel werden verlegt, und hier und da blitzt schon ein Stück frisch gestrichene Wand hervor. Was hier entsteht, ist nichts Geringeres als die Zukunft der Heilbronner Innenstadt – in Miniaturformat.
150 Studenten sollen noch in diesem Jahr in die ehemaligen Verwaltungsflächen des Wollhauses einziehen. Ein Coup, der die Stadt aufhorchen lässt. Denn hinter dem Projekt steckt eine ungewöhnliche Allianz: Der Immobilieninvestor Neufeld aus Oedheim hat sich mit der Dieter-Schwarz-Stiftung zusammengetan, um bezahlbaren Wohnraum für die wachsende Studentenschaft zu schaffen.
„Durch die steigenden Studierendenzahlen in Heilbronn ist es selbstverständlich wichtig, auch bezahlbaren Wohnraum für die Studierenden zur Verfügung zu stellen“, erklärt die Dieter-Schwarz-Stiftung gegenüber der Heilbronner Stimme. Eine Untertreibung, wenn man bedenkt, dass sich die Zahl der Studenten am Bildungscampus von derzeit 7500 auf 15.000 verdoppeln soll.
Der Investor Neufeld, der seit 2019 alle Flächen im Wollhaus aufgekauft hat, sieht in dem Projekt mehr als nur eine Zwischennutzung: „Es geht um kostengünstigen Wohnraum für Studierende“, betont er im Gespräch mit der Heilbronner Stimme. Auf 2430 Quadratmetern entstehen Wohnungen, die noch in diesem Jahr bezogen werden sollen.
Doch was bedeutet das für die Zukunft der Heilbronner Innenstadt? Könnte das Wollhaus, einst Symbol des Niedergangs, zum Katalysator einer urbanen Renaissance werden? Die Hoffnungen sind groß. „Leben kommt zurück in die Stadt und damit auch die Nachfrage nach Bars und Cafés, nach Bibliotheken und Fahrradläden“, spekuliert eine Kommentatorin in der Heilbronner Stimme.
Tatsächlich könnte das Projekt der Beginn einer größeren Transformation sein. Die Pläne für den Umbau des Wollhauses, die im Juli 2023 vorgestellt wurden, sehen eine Investition von 100 Millionen Euro vor. Bis 2028 soll hier ein Mix aus Wohnen, Handel, Markthalle, Gastronomie und Hotel entstehen – ein urbanes Mikroklima, das die Innenstadt wiederbeleben könnte.
Doch nicht alle sind überzeugt. Kritiker bemängeln die Qualität der derzeitigen Einzelhändler im Wollhaus. Investor Neufeld kontert: „Jede belegte Fläche ist besser als Leerstand, um den Standort auch in der Interimsphase zu stärken.“ Eine pragmatische Sichtweise, die zeigt: Der Weg zur Wiederbelebung der Innenstadt ist ein Marathon, kein Sprint.
Die Studenten, die bald einziehen werden, sind also mehr als nur Mieter. Sie sind Pioniere einer neuen urbanen Kultur, Botschafter des Bildungscampus mitten in der City. Ob sie es schaffen, die oft beschworene „Surfwelle“ der studentischen Lebendigkeit in die Innenstadt zu bringen, bleibt abzuwarten. Eines ist jedoch sicher: Mit jedem Umzugskarton, der ins Wollhaus getragen wird, wächst die Hoffnung auf eine lebendigere, vielfältigere Innenstadt.
Das Wollhaus, einst Wahrzeichen des Konsums, dann Mahnmal des Leerstands, könnte so zum Symbol eines neuen Heilbronns werden: einer Stadt, die Bildung, Innovation und urbanes Leben vereint. Die nächsten Monate werden zeigen, ob aus dieser Vision Realität wird. Bis dahin heißt es: Willkommen im Wollhaus, liebe Studenten – möge euer Einzug der Beginn einer neuen Ära sein.