Von der Maschinenfabrik zur Wissensfabrik: TUM und Programmierschule 42 teilen sich historisches Gebäude

Von Robert Mucha, Foto: Robert Mucha

Wo einst Maschinen hergestellt wurden, entstehen heute Ideen und Algorithmen: Die Dieter-Schwarz-Stiftung hat die historische Maschinenfabrik Weipert in Heilbronn saniert. Nun ziehen die Technische Universität München ein und die Programmierschule 42 erweitert ihre Räumlichkeiten. Die Wissensstadt bekommt einen neuen Treffpunkt für Studierende, Forscher und die Menschen der Region.

Die Vergangenheit bleibt sichtbar. Quer über dem weitläufigen Erdgeschoss schweben noch immer die alten Schwerlastkräne, an einem prangt sogar der Schriftzug „Maschinenfabrik Esslingen“. Doch zwischen den Industrie-Relikten stehen nun Sitzecken, verschiebbare Pflanztröge und Stehtische. Die Maschinenfabrik Weipert, an der Ecke Weipert- und Etzelstraße gelegen, hat sich gewandelt.

„Einladend und nicht kalt“, so beschreibt Professor Ali Sunyaev, Vizepräsident der TUM für den Campus Heilbronn, das Ambiente bei einem ersten Rundgang durch das Gebäude gegenüber der Heilbronner Stimme. Für ihn ist die alte Maschinenfabrik „das schönste Gebäude, das die TUM in Heilbronn gerade mitbenutzen kann.“

Die Transformation des historischen Industriebaus erzählt gleichzeitig die Geschichte der Wissensstadt Heilbronn. Thomas Bornheim, Geschäftsführer der Programmierschule 42, sieht darin einen „passenden Schritt in der Geschichte des Anwesens: von der einstigen Maschinenfabrik zu neuen Firmen hin zu Studenten und Wissenschaftlern, die hier ihre Karriere beginnen“, wie er der Heilbronner Stimme erklärt.

Die 42 Heilbronn ist bereits seit vier Jahren in einem ersten umgebauten Abschnitt zuhause. Nun kam die TUM hinzu. Im Obergeschoss, nur mit Zugangskarte erreichbar, befinden sich die Rechner der Programmierschule sowie Büros der TUM und Besprechungsräume. Eine Brücke mit Glas-Geländer verbindet die Bereiche, Bäume im Inneren und viel Grün an den Wänden sorgen für eine angenehme Atmosphäre.

Das eigentliche Herzstück ist jedoch das Erdgeschoss: Es steht allen offen – Studierenden genauso wie Interessierten aus der Region. Hier finden sich auch Seminarräume der TUM sowie ein großer Hörsaal für 200 Studierende. „Wir schaffen einen Raum, der TUM- und 42-Studierende zusammenbringt“, erklärt Bornheim der Heilbronner Stimme. „Dieser Bereich richtet sich an alle, Studenten und Interessierte aus der Region können ohne Zugangskarte hineinkommen.“

Genau diese Offenheit macht das Gebäude zu etwas Besonderem. „Hier ist jeder willkommen, hier findet Austausch statt“, betont Sunyaev gegenüber der Heilbronner Stimme. Bornheim ergänzt: „Es geht um direkte Begegnungen.“ Er kann sich vieles vorstellen: Die 42 baut bereits die Kooperation mit der Akademie für Innovative Bildung und Management (AIM) aus, sodass Jugendliche zum Programmieren vorbeischauen werden. Auch Kooperationen mit gemeinnützigen Organisationen sind denkbar.

Inhaltlich rücken TUM und 42 ebenfalls zusammen. Jeweils fünf Professoren aus den Bereichen Management und Informatik bilden gemeinsam das „Heilbronn Data Science Center“. Für Sunyaev steht das Gebäude daher „im wahrsten Sinne des Wortes“ für den TUM-Campus Heilbronn. „Hier werden schließlich die beiden Bereiche vereint, die die TUM in der Stadt bietet: die School of Computation, Information and Technology sowie die School of Management.“

Auch wenn die Maschinenfabrik für die TUM derzeit nur als Zwischenlösung gedacht ist, bis ihr Gebäude auf dem Bildungscampus West errichtet wird, könnte in dieser Zeit viel entstehen. Sunyaev hofft, „dass sich einmal Studenten beider Einrichtungen zusammentun und Firmen gründen.“ Neben niederschwelligen Begegnungen ist auch eine intensivere Zusammenarbeit bei den Inhalten geplant. „Es macht Sinn“, sagt Sunyaev der Heilbronner Stimme. Bei besonderen Themen gibt es sie bereits: So findet Ende Februar ein Cyber Security Day statt.

Nur beim Namen sind sich die beiden Leiter noch nicht ganz einig: Bornheim präferiert die Bezeichnung „Lernfabrik“ – eben weil der Fokus auf dem Lernen liege. Sunyaev regt an, das Gebäude als „Wissensfabrik“ zu bezeichnen.

Wie auch immer der Name am Ende lauten wird – die Maschinenfabrik Weipert steht symbolisch für das, was die Wissensstadt Heilbronn ausmacht: „Wenn vom besonderen Ökosystem die Rede ist, ist dieses Netzwerk der vielen Akteure aus Wissenschaft und angewandter Forschung gemeint“, schreibt die Heilbronner Stimme in einem Kommentar. „Je mehr Plätze es gibt, an denen sich Wissenschaftler und Studenten begegnen, desto mehr Projekte können sich entwickeln. Davon profitiert am Ende die gesamte Region.“

Melden Sie sich für unseren Newsletter an!