Raus aus der Innovationseinsamkeit: Wie KMU durch Campus-Hubs Anschluss finden

Von Robert Mucha, Foto: Fraunhofer IAO

Der Mittelstand kann nicht alle Zukunftsfragen allein lösen – muss er auch nicht. Innovationsökosysteme bieten gerade kleinen und mittleren Unternehmen die Chance, sich mit externen Köpfen und Technologien zu vernetzen. Wo finden sie Talente für KI-Themen? Wie entwickeln sie zukunftsfähige Geschäftsmodelle? Tobias Gabeler vom Fraunhofer IAO zeigt Wege aus der Innovationseinsamkeit – und erklärt, warum der Campus zum neuen Innovationsort wird.

Morgens um acht den ersten Kunden am Telefon, mittags die Produktionsplanung, nachmittags die Buchhaltung – und abends noch schnell den Innovationsprozess revolutionieren? Wer den deutschen Mittelstand kennt, weiß: Das Tagesgeschäft frisst die Zukunftsplanung. Während die Großkonzerne eigene Innovationsabteilungen unterhalten, die sich ausschließlich mit künstlicher Intelligenz, digitaler Transformation oder neuen Geschäftsmodellen beschäftigen können, müssen kleinere Betriebe oft alle Kräfte mobilisieren, um den Status quo zu halten.

Die Folge: Zentrale Zukunftsfragen – wie etwa der Bedarf nach KI-Talenten oder nach Know-how für den Einsatz neuer Technologien – bleiben oft auf der Strecke. Kurz gesagt: Im Mittelstand fehlt es nicht an Innovationswillen, sondern an Zeit, Ressourcen und manchmal auch an Wissen.

KI-Talente finden – im gemeinsamen Hub

„Viele kleine und mittelständische Unternehmen erkennen das Potenzial von innovativen Themen wie Künstlicher Intelligenz, haben jedoch zu wenig eigene KI-Kompetenzen“, schreibt Tobias Gabeler in seinem aktuellen Beitrag. Der wissenschaftliche Mitarbeiter am Forschungs- und Innovationszentrum Kognitive Dienstleistungssysteme kennt das Dilemma: Die wenigen KI-Fachkräfte wechseln häufig zu größeren, bekannteren Unternehmen, während kleinere Betriebe im Kampf um kluge Köpfe oft gar nicht wahrgenommen werden.

Seine Lösung: Forschungsnahe Hubs. An Universitäten und Forschungseinrichtungen entstehen immer mehr Austauschplattformen, die wie Brücken zwischen Wissenschaft und Wirtschaft funktionieren. „Solche Hubs machen Wissen und Kompetenzen aus der Forschung gezielt Unternehmen zugänglich und ermöglichen den Zugang zu Fachwissen und Talenten in Forschungsthemen wie KI“, erklärt Gabeler.

Der Effekt ist doppelt wertvoll: Unternehmen können nicht nur externes Wissen nutzen, sondern sich gleichzeitig als attraktive Arbeitgeber präsentieren – und mit potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten in direkten Kontakt treten. Während der Großkonzern im War for Talents mit Hochglanzbroschüren kämpft, kann der Mittelständler im Hub persönliche Beziehungen zu talentierten Nachwuchskräften aufbauen.

Wenn das alte Geschäftsmodell nicht mehr trägt

Ein zweites Problemfeld: Viele mittelständische Unternehmen sehen ihre bewährten Geschäftsmodelle durch die digitale Transformation bedroht – zu Recht. Wer nicht mit aktuellen technologischen Entwicklungen Schritt hält, kann schnell abgehängt werden. Doch wie soll ein 50-Personen-Betrieb all die neuen Technologien im Blick behalten, verstehen und integrieren?

Auch hier liegt die Lösung in der Vernetzung. Technologiespezifische Hubs bringen Unternehmen einer bestimmten Branche zusammen – idealerweise in unmittelbarer Nähe zu akademischen Einrichtungen. „Dort können Ideen ausgetauscht, technische Prototypen entwickelt und im gemeinsamen Austausch schneller marktreife Lösungen erarbeitet werden“, so Gabeler.

Die Zusammenarbeit mit anderen Unternehmen – selbst mit potenziellen Wettbewerbern – und mit wissenschaftlichen Einrichtungen kann hier den entscheidenden Unterschied machen. Was für den Einzelnen unmöglich ist, wird in der Gemeinschaft machbar.

Langfristig bestehen nur die Vernetzten

Gabeler ist überzeugt: „Langfristig deutet vieles darauf hin, dass nur Unternehmen, die sich aktiv mit solchen Formaten der ‚Open Innovation‘ auseinandersetzen, im Innovationswettbewerb bestehen können.“ Eine steile These – aber eine, die im Zeitalter exponentieller technologischer Entwicklung immer plausibler wird.

Für Unternehmen, die mehr über die konkreten Beteiligungsmöglichkeiten an Innovationsökosystemen erfahren wollen, verweist der Experte auf das Whitepaper „Corporate Campus Innovation Hubs“. Darin werden verschiedene Typen unternehmerischer Beteiligungsformen an Innovationsökosystemen vorgestellt und mit realen Beispielen unterlegt.

Die zentrale Erkenntnis bleibt: Innovation im stillen Kämmerlein war gestern. Heute braucht es Vernetzung, Austausch und Zusammenarbeit – gerade für den Mittelstand, der nicht alle Zukunftsthemen aus eigener Kraft stemmen kann. Die Campus-Hubs könnten dabei zu den neuen Innovationsorten werden, an denen Unternehmen jeder Größe die Zukunft gemeinsam gestalten.

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