Quantensprung in Heilbronn: Wie ein Superrechner die Wissensstadt neu programmiert

Von Robert Mucha, Foto: Ideogram/Robert Mucha

Während anderswo noch über digitale Transformation philosophiert wird, plant Heilbronn den nächsten Quantensprung. Auf dem Bildungscampus soll ein Superrechner installiert werden, der Berechnungen in Minuten erledigt, für die gewöhnliche Computer Jahrtausende benötigen. Die Wissensstadt positioniert sich damit an der internationalen Spitze einer Technologie, die unser aller Zukunft verändern wird.

Im Erdgeschoss des Fraunhofer IAO auf dem Bildungscampus Heilbronn herrscht aufgeregtes Flüstern. Hier wird die Zukunft nicht nur besprochen – sie wird geplant. Christian Tutschku lässt seine Worte behutsam in den Raum fallen: „Heilbronn soll beim Quantencomputing weltweit an die Spitze kommen“, sagt der Fraunhofer-Experte gegenüber der Heilbronner Stimme.

Eine Ansage, die noch vor wenigen Jahren in der einstigen Industriestadt am Neckar für ungläubiges Stirnrunzeln gesorgt hätte. Doch die Wissensstadt hat sich längst neu erfunden. Zwischen TUM Campus, experimenta und dem Innovationspark für Künstliche Intelligenz (Ipai) entsteht ein Innovations-Ökosystem, das nun um einen weiteren Meilenstein ergänzt wird: Das Molit-Institut für personalisierte Medizin investiert in einen Quantencomputer – einen der ersten in Deutschland.

Der Superrechner soll im Gebäude „i hoch drei“ installiert werden, das unweit der SLK-Kliniken bis 2027 fertiggestellt sein wird. Während die Bagger noch nicht einmal angerollt sind, laufen die Vorbereitungen bereits auf Hochtouren. Die Hochschule Heilbronn, Mitglied der Wissensstadt, bereitet sich intensiv vor – schließlich wird der Rechner auch dort genutzt werden können.

„Wir müssen Ausbildungsinhalte verändern“, betont Nicole Ondrusch, Professorin an der Fakultät Informatik der Hochschule Heilbronn, im Gespräch mit der Heilbronner Stimme. Es geht nicht mehr darum, ob, sondern wie schnell die Region die notwendigen Fachkräfte ausbilden kann.

Professor Alexander Windberger von der Hochschule Heilbronn kann seine Begeisterung kaum zurückhalten: „Ich kann es kaum erwarten“, verrät er der Heilbronner Stimme. Die Vorfreude ist greifbar – endlich wird man in Heilbronn etwas demonstrieren können, was bisher nur an wenigen Orten weltweit möglich ist.

Die Wissensstadt mobilisiert alle Kräfte, um sich auf die revolutionäre Technologie vorzubereiten. Ende Februar startet eine Winterschool zum Quantencomputing, organisiert vom Fraunhofer IAO. Das Interesse ist so groß, dass es bereits eine Warteliste gibt. Im Sommersemester folgt eine Ringvorlesung zu Themen wie Software, Finanzbereich und Medizin. Und im Sommer wird ein internationales Symposium die Fachwelt nach Heilbronn locken.

„Wir wollen damit ein möglichst großes Publikum ansprechen“, erklärt Chiara Stephan vom Fraunhofer IAO der Heilbronner Stimme. Denn Quantencomputing ist nicht nur etwas für Nerds und Spezialisten – es ist eine Schlüsseltechnologie, die unsere Zukunft fundamental verändern wird.

Besonders die mittelständischen Unternehmen der Region stehen vor Herausforderungen. Während Großkonzerne mit eigenen Entwicklungsabteilungen das Thema längst auf dem Schirm haben, kämpfen viele kleine und mittlere Unternehmen noch mit grundlegenden Fragen der Digitalisierung und Künstlichen Intelligenz. Für sie ist Quantencomputing, wie Tutschku es formuliert, oft nur „die cherry on top“ – das i-Tüpfelchen.

Dennoch: Der Superrechner, den Christian Tutschku bildhaft als „Fahrrad mit Stützrädern“ beschreibt, wird ein Anfang sein. „Man kann auf dem System lernen“, sagt er der Heilbronner Stimme, ohne die Bedeutung der Investition schmälern zu wollen.

Die Transformation Heilbronns zur Wissensstadt erreicht damit eine neue Dimension. Vom Bildungscampus mit seinen Institutionen wie der TUM, der DHBW und der Hochschule Heilbronn über den Ipai bis hin zur experimenta und den Fraunhofer-Instituten – Heilbronn positioniert sich als ein Zentrum für Zukunftstechnologien in Deutschland.

Das Molit-Institut lädt am 6. Februar zu einer Informationsveranstaltung ein, bei der erste Details zum neuen Gebäude „i hoch drei“ präsentiert werden. Während der Quantencomputer vielleicht noch vergleichsweise klein startet, sind die Ambitionen der Wissensstadt Heilbronn grenzenlos groß. Der Quantensprung hat begonnen – mitten im Herzen des Bildungscampus.

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