Von Robert Mucha, Foto: HHN
Sie waren die Ersten ihrer Art: Vor 60 Jahren verließen die „Käthchen-Ingenieure“ die damalige Staatliche Ingenieurschule Heilbronn. Nun trafen sich die Pioniere der heutigen Hochschule Heilbronn (HHN) zu einem emotionalen Wiedersehen. Ein Blick zurück auf die Anfänge einer Bildungsrevolution.
„Ist das schön, alle hier in Heilbronn wieder zu treffen!“ Mit diesen Worten betritt Walter Schildhorn das Lokal, in dem das „HHN-Klassentreffen“ stattfindet. Es ist ein besonderer Moment, denn Schildhorn gehört zu den 57 Absolventen des ersten HHN-Semesters, die vor 60 Jahren Geschichte schrieben.
Unter den Anwesenden ist auch Professor Bernhard Meder, heute 92 Jahre alt. „Ich freue mich ebenfalls sehr, dass wir uns alle wiedersehen. Wir sind alles ältere Herren geworden – der Altersunterschied erscheint gar nicht mehr ganz so groß wie damals“, sagt er und lacht herzlich.
Meder, der 1961 als Dozent an der HHN startete, erinnert sich an seine Zeit in Ägypten von 1966 bis 1971, wo er half, das „Cairo Higher Institute for Technology“ aufzubauen. Seine Geschichte ist exemplarisch für den Pioniergeist, der die frühen Jahre der HHN prägte.
Hans Albrecht, ebenfalls einer der ersten Absolventen, teilt mit Walter Schildhorn eine besondere Erinnerung: Ihr damaliger Professor Willi Bohl war mit 24 Jahren der jüngste Dozent Baden-Württembergs. Bohl, heute 88, unterrichtete in seiner Laufbahn rund 2.000 Studierende: „Es gibt nur sehr wenige Semester, die sich diesen Zusammenhalt so erhalten haben, wie wir das getan haben.“
Das Jahr 1971 markierte einen Wendepunkt für die Institution. Professor Bohl erinnert sich: „Die Staatliche Ingenieurschule wurde zur Fachhochschule, wodurch praxisnahe Forschung ab sofort die Theorie ergänzte und ihr Leben einhauchte. Für Porsche haben meine Studierenden und ich beispielsweise Luftgebläse entwickelt.“
Auch Professor Günther Harsch, der im Wintersemester 1963/1964 an der HHN zu lehren begann, blickt nostalgisch zurück: „Alle Kollegen waren Oberbauräte, erst später wurden wir zu Professoren. Die Verwaltung befand sich in der heutigen ‚Zigarre‘ in der Achtungstraße.“
Er erinnert sich an die bescheidenen Anfänge: „Weitere Hörsäle gab es in der Roßkampfstraße und in den Pausen trafen wir uns alle gerne in der Bibliothek. Aber es herrschte Aufbruchstimmung, denn der Bau in Sontheim war schon begonnen.“
Die erste Absolventenfeier hat sich tief in sein Gedächtnis eingeprägt. „Der Festakt fand in der Heilbronner Harmonie statt, die frischgebackenen Ingenieure zogen durch die Stadt und abends gab es einen großen Festball“, erzählt der 91-Jährige.
Für Heilbronn und die Region bedeutet dieses Jubiläum mehr als nur eine nostalgische Rückschau. Es ist eine Erinnerung an den Pioniergeist, der die Stadt zu einem bedeutenden Bildungsstandort gemacht hat. Die „Käthchen-Ingenieure“ legten den Grundstein für eine Institution, die heute als Hochschule Heilbronn weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt ist.
Professor Oliver Lenzen, aktueller Rektor der HHN, würdigt die Leistung der Pioniere: „Mit tiefster Anerkennung ehrt die Hochschule die ersten Professoren und Absolventen, die als Pioniere den Grundstein der heutigen HHN legten. Ob Campusleben, Forschung oder Lehre: Ihre Beiträge haben damals nicht nur die Hochschule geformt, sondern auch bedeutende Spuren in der Industrie und Gesellschaft hinterlassen.“
Das Treffen der „Käthchen-Ingenieure“ ist mehr als nur ein Klassentreffen. Es ist ein lebendiges Zeugnis dafür, wie aus bescheidenen Anfängen eine Institution erwachsen kann, die heute Tausende von Studierenden ausbildet und die Region maßgeblich prägt. Die Geschichte dieser Pioniere ist nicht nur ein Kapitel in der Chronik Heilbronns, sondern ein Vorbild für künftige Generationen von Studierenden und Lehrenden.