Von Robert Mucha, Foto: HHN
Viermal so viele Bewerber wie Plätze, interdisziplinäre Lehre und Praxis im Labor: Mit dem neuen Studiengang „Angewandte Künstliche Intelligenz“ will die Hochschule Heilbronn (HHN) nicht nur exzellente Fachkräfte ausbilden, sondern auch die „Blackbox KI“ öffnen. Professor Carsten Wittenberg, Dekan der Fakultät Technik und Mitinitiator der School of Applied Artificial Intelligence (SAAI), erklärt, wie KI zugänglich und verständlich gemacht werden soll – und warum das gerade jetzt so wichtig ist.
Ein Studiengang, der Rekorde bricht – Viermal so viele Bewerbungen wie Plätze
Wer glaubt, ein Studiengang zu Künstlicher Intelligenz (KI) sei nur etwas für Informatik-Nerds, wird an der Hochschule Heilbronn (HHN) eines Besseren belehrt. Im Wintersemester 2024/25 startete der neue Bachelorstudiengang „Angewandte Künstliche Intelligenz“ – und das Interesse war überwältigend: Viermal so viele Bewerbungen wie verfügbare Studienplätze verzeichnete die HHN.
Für Professor Carsten Wittenberg, Dekan der Fakultät Technik und Leiter der School of Applied Artificial Intelligence (SAAI), ist das ein klares Signal. „Unser Ziel ist es, exzellente Fachkräfte für die Region auszubilden“, erklärte er der Heilbronner Stimme. Das Besondere am Studiengang: Er wird interdisziplinär von vier Fakultäten – Informatik, Technik, Wirtschaft und International Business – gemeinsam gestaltet. Solch ein Modell gibt es an keiner anderen Hochschule in dieser Form.
Vom Labor direkt in die Praxis – KI zum Anfassen
„Wir gehen in die Labore, probieren Algorithmen aus und arbeiten mit Robotern zusammen“, sagt Wittenberg im Gespräch mit der Heilbronner Stimme. Genau darum sei es so wichtig, die Kurse klein zu halten. „Das alles würde verwässern, wären die Kurse größer“, betont er. Die Studierenden sollen die Blackbox KI verstehen lernen – also die inneren Prozesse der Künstlichen Intelligenz, die oft wie ein undurchschaubarer Algorithmus wirken.
Für Wittenberg ist das keine Nebensache, sondern eine Herzensangelegenheit: „Es ist mir schon lange eine Herzensangelegenheit, KI erklärbar und zugänglich zu machen, so dass die Entscheidungsprozesse der ‘Blackbox KI’ transparent, nachvollziehbar und damit auch akzeptiert werden“, sagte er der Heilbronner Stimme.
Um das zu erreichen, setzt die Hochschule auf praxisnahe Lehre im Otto-Rettenmaier-Forschungslabor. Die Studierenden entwickeln, testen und verbessern Algorithmen, die zum Beispiel in Robotern oder Produktionsanlagen eingesetzt werden. Die intensive Laborarbeit ist essenziell, weil sie den Studierenden den Zugang zur realen Anwendung von Künstlicher Intelligenz ermöglicht.
Mitten im KI-Hotspot – Was die Region Heilbronn so besonders macht
Wer KI sagt, muss auch Heilbronn sagen. Denn die Stadt entwickelt sich zum zentralen KI-Hotspot in Baden-Württemberg. Neben der Hochschule Heilbronn entstehen hier der Innovationspark Künstliche Intelligenz (Ipai) und weitere Forschungsprojekte, die die Stadt zu einem Standort für Zukunftstechnologien machen.
„In nahezu allen Bereichen wird KI zukünftig zum Einsatz kommen“, erklärte Wittenberg im Interview mit der Heilbronner Stimme. „Wissen darüber ist nur dann wertvoll, wenn man es auch anzuwenden weiß.“ Genau das ist die Zielsetzung des Studiengangs. Absolvent*innen sollen die Theorie verstehen – und sie direkt in der Praxis anwenden können.
Im Zentrum dieser Mission steht die School of Applied Artificial Intelligence (SAAI). Diese vereint alle Lehr- und Forschungsbereiche der Hochschule, die mit KI zu tun haben, unter einem Dach. Neben Professor Carsten Wittenberggehören auch Alexandra Reichenbach und Professor Nicolaj Stache zum Leitungsteam der SAAI. Gemeinsam wollen sie die nächste Generation von KI-Expert*innen ausbilden, die nicht nur die Technologie beherrschen, sondern auch ihre ethischen und gesellschaftlichen Auswirkungen reflektieren.
Forschung mit Herz – Künstliche Intelligenz für die Menschen
Angst vor Künstlicher Intelligenz? Carsten Wittenberg hält das für unnötig. Im Gegenteil: Er fordert einen souveränen Umgang mit der Technologie. „Angst vor Künstlicher Intelligenz zu haben, sei kontraproduktiv. Sie sei ein Hilfsmittel, das Menschen bei ihrer Arbeit unterstütze“, sagte er der Heilbronner Stimme. Diese Haltung zieht sich durch das gesamte Studien- und Forschungsprogramm der SAAI.
Dabei verfolgt die HHN ein Ziel, das über die klassischen KI-Anwendungen hinausgeht: KI soll den Menschen dienen. Was heute oft als Bedrohung oder Kontrollverlust dargestellt wird, soll durch Forschung und Bildung entschärft werden. Die Entscheidungssysteme der Künstlichen Intelligenz – die oft unsichtbar im Hintergrund arbeiten – sollen so gestaltet werden, dass sie für jeden verständlich sind.
Zukunftsberuf mit Perspektive – Was der neue Studiengang verspricht
Dass die Nachfrage nach KI-Talenten groß ist, zeigt sich nicht nur an der Zahl der Bewerbungen, sondern auch in der Nachfrage von Unternehmen aus der Region. Fachkräfte, die die Blackbox KI verstehen und entmystifizierenkönnen, sind gefragter denn je. Das weiß auch Wittenberg: „Unser Ziel ist es, exzellente Fachkräfte für die Region auszubilden“, betont er.
Die enge Verknüpfung mit der Wirtschaft bietet den Absolvent*innen die besten Chancen, später in einem der zahlreichen Hightech-Unternehmen in Heilbronn zu arbeiten. Der Standort ist ideal: Mit dem Innovationspark Künstliche Intelligenz (Ipai), der Dieter-Schwarz-Stiftung und einem starken Netzwerk an Unternehmen steht der Studierendengeneration von heute eine Vielzahl von Möglichkeiten offen.
Fazit – Ein Studiengang mit Signalwirkung
Kleine Gruppen, praxisnahe Lehre und ein starkes Netzwerk zur Industrie: Mit dem Bachelorstudiengang „Angewandte Künstliche Intelligenz“ hat die Hochschule Heilbronn ein Angebot geschaffen, das den Nerv der Zeit trifft. Viermal so viele Bewerbungen wie Plätze sind ein Beleg dafür, wie groß der Bedarf an Studienplätzen in diesem Bereich ist.
Für Carsten Wittenberg ist der Studiengang mehr als nur ein Meilenstein im Ausbildungsangebot der Hochschule: Er sieht darin einen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung. KI zu erklären, verständlich zu machen und zugänglich zu halten – das bleibt seine Herzensangelegenheit.