„Hier geschieht Großes“ – Wie die TUM Heilbronn zur Universitätsstadt machte

Von Robert Mucha, Foto: TUM Campus Heilbronn

Ein Bildungsökosystem, das weltweit einzigartig ist: Mit der Technischen Universität München (TUM) hat sich Heilbronn zu einer Universitätsstadt mit internationaler Strahlkraft entwickelt. Helmut Krcmar, Gründungsdekan der TUM Heilbronn, erzählt, wie die Hochschule Talente aus aller Welt anzieht, welche Pläne es für die Zukunft gibt und warum er Heilbronn für ein „sehr spannendes Experiment“ hält.

Von 40 Studierenden zu über 1000 – Das rasante Wachstum des TUM-Campus
Herbst 2018, Heilbronn: 40 Studierende nehmen ihr Studium an der neu eröffneten Außenstelle der Technischen Universität München (TUM) auf. Herbst 2024, nur sechs Jahre später: Über 1000 Studierende sind inzwischen am Campus eingeschrieben, verteilt auf sechs Gebäude. Noch beeindruckender: Rund 80 Prozent der Studierenden kommen aus dem Ausland – Menschen aus allen Teilen der Welt, die nach Heilbronn kommen, um hier zu lernen, zu forschen und später zu arbeiten.

Helmut Krcmar, der als Gründungsdekan und Beauftragter des TUM-Präsidenten für den Campus Heilbronn zuständig ist, kennt die Anfänge der Hochschule nur zu gut. „Es ist schneller gegangen als gedacht, aber überrascht bin ich nicht“, sagte er der Heilbronner Stimme. „Die Effekte verstärken sich gegenseitig. Das führt zu weiterer Attraktivität.“

Begonnen hat alles mit Management-Studiengängen, später kamen die Informatik-Studiengänge hinzu. Heute gibt es 22 Professuren – und die TUM will weiter wachsen. Zehn weitere Professuren sind bereits ausgeschrieben. Ziel ist es, das Portfolio der Hochschule weiter auszubauen. Doch nicht nur das Studienangebot wächst, auch die Anzahl der Standorte. „Aktuell sind wir auf sechs Gebäude verteilt“, so Krcmar. Das sei in einer „dynamischen Entwicklungsphase“ aber nicht ungewöhnlich.

Ein globales Bildungsökosystem mitten in Heilbronn
Auf die Frage, was das Besondere am Bildungscampus Heilbronn sei, hat Helmut Krcmar eine klare Antwort: „Ich kenne keinen Standort weltweit, an dem so viele verschiedene Bildungsinstitutionen so eng in einer Wissensstadt zusammenarbeiten“, sagte er der Heilbronner Stimme.

Tatsächlich sind auf dem Campus nicht nur die TUM und die Hochschule Heilbronn (HHN) zu Hause, sondern auch die DHBW Heilbronn, die Programmierschule 42 Heilbronn – und bald auch die Eidgenössische Technische Hochschule (ETH) Zürich. „Neben Singapur ist Heilbronn dann die einzige Stadt, in der diese beiden Spitzenunis TUM und ETH Zürich vertreten sind“, erklärt Krcmar im Interview. Normalerweise gehe man sich an solchen Orten aus dem Weg. In Heilbronn sei das anders. „Hier habe ich gelernt: Das Miteinander in Heilbronn ist anders. Man kennt sich, man weiß, was man aneinander hat“, so Krcmar.

Das Ziel des Campus: Ein Bildungsökosystem, in dem sich die verschiedenen Hochschulen und Institutionen ergänzen, nicht konkurrieren. Krcmar ist überzeugt: „In diesem Bildungsökosystem geht es vor allem darum, dass alle jungen Menschen, die nach Heilbronn kommen wollen, das Passende für sich finden.“

„Hier geschieht Großes“ – Forschung, die in die Praxis geht
Doch der Bildungscampus ist nicht nur ein Ort des Lernens, sondern auch ein Ort der Forschung mit Praxisbezug. Das zeigt sich auch an der Art der Projekte, die die TUM in Heilbronn durchführt. Ein Beispiel: das Global Technology Forum, das im November in Heilbronn stattfindet. Teilnehmende Universitäten sind keine Unbekannten: Oxford, Stanford, ETH Zürich, Paris, Singapur und Jerusalem schicken ihre Vertreter*innen nach Heilbronn.

„Uns freut, dass viele Kolleginnen und Kollegen aus Paris, Oxford, Stanford, Zürich, Jerusalem und Singapur zum ersten Mal nach Heilbronn kommen“, berichtet Krcmar im Gespräch mit der Heilbronner Stimme. Besonders erfreulich: Viele der Teilnehmenden des vergangenen Jahres haben bereits angekündigt, erneut teilzunehmen.

Auch beim Weltwirtschaftsforum in Davos warb Krcmar für die Region Heilbronn. „Die Attraktivität einer Region hängt davon ab, wie sie von außen wahrgenommen wird“, erklärte er der Heilbronner Stimme. Ziel sei es, Spitzentalente für die Region zu gewinnen – und das gelingt besser, wenn die Region auf den globalen Bühnen präsent ist.

Fehlendes Campusleben – „Das entsteht nicht von heute auf morgen“
So groß die Erfolge des Bildungscampus sind, so gibt es doch einen Bereich, der laut Krcmar noch Luft nach oben hat: das studentische Leben. „Ich nehme kein ausgeprägtes studentisches Leben auf dem Campus wahr“, räumte er gegenüber der Heilbronner Stimme ein. Das sei aber kein Phänomen, das nur Heilbronn betreffe. Viele Standorte außerhalb von Metropolen hätten ähnliche Herausforderungen.

Campusleben entstehe nicht von heute auf morgen, so Krcmar. Aber auch hier sieht er eine positive Entwicklung. Immer mehr internationale Studierende kommen nach Heilbronn, und je mehr Menschen vor Ort leben, desto mehr Leben entsteht auch auf dem Campus.

Von der Uni direkt in die Wirtschaft – Ein Gewinn für die Region
Neben dem Wachstum der Studierendenzahlen wird auch der Transfer in die regionale Wirtschaft immer wichtiger. Die Idee dahinter ist einfach: „Durch den Transfer in die Wirtschaft, den wir leisten, entsteht eine Win-win-Situation“, sagt Krcmar. Unternehmen profitieren von den hochqualifizierten Fachkräften, die Absolventinnen der TUM in Heilbronn sind. Gleichzeitig bietet die Region den Absolventinnen attraktive Jobs – was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie in der Region bleiben.

Das alles sei möglich, weil die Dieter-Schwarz-Stiftung als starker Partner der TUM auftritt. „Die Stiftung unterstützt uns nach Kräften und wirklich umfassend“, so Krcmar. Durch diese Unterstützung sei es möglich, den Campus weiterzuentwickeln, neue Professuren zu besetzen und das Bildungsökosystem auszubauen.

Ein Blick in die Zukunft – Was kommt als Nächstes?
In den kommenden Jahren will die TUM in Heilbronn weiter wachsen – sowohl bei der Anzahl der Studierenden als auch bei der Anzahl der Professor*innen. Zwischen 1500 und 2000 Studierende werden in Zukunft am Campus erwartet, die Zahl der Professuren wird weiter steigen. Der Campus wird internationaler, vernetzter und praxisnäher – und mit der Ankunft der ETH Zürich bekommt das Bildungsökosystem in Heilbronn eine zusätzliche Strahlkraft.

Helmut Krcmar sieht darin ein großes Potenzial: „Es ist keine kleine Uni-Niederlassung, sondern es geschieht Großes auf dem Bildungscampus.“

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