Von Redaktion, Foto: DallE
Heilbronn will Schwarmstadt werden. Klingt erstmal wie ein Zungenbrecher, ist aber todernst gemeint. Die Stadt am Neckar will junge Menschen anlocken, fesseln und halten – und zwar über das Studium hinaus. Aber wie macht man das? Darüber diskutierten kürzlich der Journalist Robert Mucha und DHBW-Professorin Yvonne Zajontz in der “Wissenspause” im Deutschhof. Eine Diagnose mit Nebenwirkungen.
Zunächst die gute Nachricht: Der Bildungscampus Heilbronn ist ein Unikat. “So einen bunten und komprimierten Strauß an Lehrangeboten gibt es sonst nirgends”, schwärmte Mucha. Zajontz pflichtete bei und lobte die Zusammenarbeit der Einrichtungen. Gemeinsame Mensa, Bibliothek, Forschungsprojekte – hier wird Synergie großgeschrieben.
Doch dann kam das große “Aber”. Der Campus sei zwar wunderschön, gehöre aber nicht den Studierenden, kritisierte Mucha. Nach 17 Uhr herrsche oft gähnende Leere. “Man könne ja die Wiese plattliegen oder irgendetwas kaputtmachen bei so einer sterilen Umgebung”, spottete er. Ein Campus, der nach Feierabend zur Geisterstadt wird? Das klingt nicht nach Schwarmstadt, eher nach akademischem Sperrgebiet.
Die Studierenden wünschen sich mehr Leben: Kultur, Gastronomie, Clubs. Orte, an denen man auch nach der letzten Vorlesung gerne bleibt. Mucha hofft, dass der neue Campusabschnitt dieses Problem angeht. Schließlich soll Heilbronn nicht nur Lernort sein, sondern Lebensraum.
Doch bei aller Kritik: Heilbronn hat mehr zu bieten, als mancher Nörgler wahrhaben will. Da wäre die Sitt Weinbar im Deutschhof, wo man sich per Knopfdruck durch 100 Weinsorten zapfen kann. Oder die Experimenta mit ihrem Maker Space – ein Eldorado für kreative Köpfe. Der Neckar wird mehr und mehr in die Stadt integriert, Radwege entstehen, und der Ipai verspricht, Heilbronn zur KI-Hauptstadt zu machen.
Mucha sieht die Heilbronner in der Pflicht, diese Angebote auch wahrzunehmen. “Die Menschen müssen mit offenen Augen durch Heilbronn gehen”, fordert er. Es klingt fast wie eine Mahnung: Wer seine Stadt nicht nutzt, darf sich nicht wundern, wenn sie ihm fremd bleibt.
Ob eine Schwarmstadt auch Schattenseiten hat? “Die Alternative würde keinen Spaß machen”, kontert Mucha. Lieber Wohnraum schaffen als ausbluten. Es gehe darum, wie man die Stadt am Leben halte. Nur dann sei man zukunftsfähig.
Am Ende wünscht sich Mucha Zuversicht, Teamgeist und Menschlichkeit für seine Stadt. Zajontz sieht jeden Bürger als potenziellen Influencer der Zukunft. Es liegt an jedem Einzelnen, für Heilbronn zu werben.
Die Botschaft ist klar: Heilbronn hat das Zeug zur Schwarmstadt. Aber es braucht mehr als nur einen schicken Campus. Es braucht Leben, Kultur, Begegnung. Vielleicht muss der Neckarwein auch mal nach 17 Uhr fließen, damit aus Studenten Heilbronner werden. Die Stadt hat die Zutaten – jetzt muss sie nur noch lernen, daraus eine schmackhafte Zukunft zu kochen.