Heilbronn im Gender-Check: Vom Käthchen zur Chefin?

Von Robert Mucha, Foto: Stadt Heilbronn

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet in Heilbronn, der Stadt des Käthchens, eine kleine Gender-Revolution ausbricht? Doch genau das passiert gerade. Der zweite Gender-Report ist da, und er liest sich wie ein Drehbuch für die Zukunft der Gleichberechtigung.

Oberbürgermeister Harry Mergel strahlt wie ein Honigkuchenpferd: Heilbronn ist im Genderranking der deutschen Großstädte um fast 30 Plätze nach vorne gesprungen. Platz 38 – das klingt zwar noch nicht nach der Champions League der Gleichberechtigung, ist aber immerhin schon zweite Bundesliga.

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Vier Prozent mehr Frauen in Führungspositionen der Stadtverwaltung. Im Gemeinderat sind jetzt 15 statt 13 Frauen – über 37 Prozent. Fast könnte man meinen, Heilbronn sei auf dem Weg zur feministischen Hochburg.

Aber Vorsicht: Der Teufel steckt im Detail, oder besser gesagt, in der Lohntüte. Der Gender-Pay-Gap in Baden-Württemberg ist vier Prozent höher als im Bundesdurchschnitt. Während 90 Prozent der Männer in Vollzeit schuften, sind es bei den Frauen nur 55 Prozent. Und im Rentenalter? Da bekommen Männer durchschnittlich 431 Euro mehr. Soviel zum Thema Gleichberechtigung im Ruhestand.

Doch Heilbronn wäre nicht Heilbronn, wenn es nicht einen Plan hätte. Florian Baasch von der Stabsstelle für Strategie und Stadtentwicklung verspricht: Der Gender-Report wird Teil des städtischen Monitorings. Klingt trocken, ist aber revolutionär. Denn jetzt fließen die Daten in die Nachhaltigkeitsstrategie der Stadt ein. Gleichberechtigung als Zukunftsmodell, sozusagen.

Prof. Dr. Yvonne Zajontz von der DHBW Heilbronn, Marktforschungs-Expertin und örtliche Gleichstellungsbeauftragte, bringt es auf den Punkt: „Marktforschung ist keine praxisferne Wissenschaft.“ Der Gender-Report zeigt Potenziale und Nachholbedarfe auf. Neu im Programm: Gender-Pay-Gap und Gender-Care-Gap. Denn auch bei der Sorgearbeit hinken die Männer hinterher: Neun Stunden pro Woche mehr leisten Frauen hier.

Doch es gibt auch Schattenseiten: Häusliche Gewalt ist auf dem Vormarsch. Silvia Payer, Frauenbeauftragte der Stadt, fordert schnelle und unbürokratische Hilfsangebote. Entgeltgleichheit, gleichberechtigte Teilhabe am Arbeitsmarkt und das Aufbrechen tradierter Rollenbilder – das sind die Mammutaufgaben der Zukunft.

Prof. Dr. Nicole Graf, Rektorin der DHBW Heilbronn, sieht den Gender-Report als „Leuchtturm-Beispiel“ für die Zusammenarbeit von Wissenschaft und Gesellschaft. Vielleicht wird aus Heilbronn ja doch noch das Silicon Valley der Gleichberechtigung.

Eines ist klar: Heilbronn hat sich auf den Weg gemacht. Vom Käthchen zur Chefin – es ist noch ein weiter Weg. Aber der erste Schritt ist getan. Und wer weiß, vielleicht steht beim nächsten Gender-Report ja eine Frau an der Spitze der Stadt. Das wäre dann wirklich revolutionär. Bis dahin heißt es: Dranbleiben, Heilbronn! Die Zukunft ist weiblich – auch am Neckar.

Hier gehts zum Gender-Report.

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