Von Robert Mucha, Foto: DallE/Robert Mucha
Während andere Städte noch über Leerstandsquoten klagen, denkt Heilbronn schon einen Schritt weiter. Bei der “Wissenspause im Deutschhof” entwerfen Experten eine Innenstadt der Zukunft – wo Einkaufen nur noch Nebensache ist.
Es ist ein sonniger Julitag im Heilbronner Deutschhof. Doch statt über das Wetter zu plaudern, diskutieren hier drei Experten über die Zukunft der Innenstadt. Christhard Schrenk, Direktor des Stadtarchivs, hat zur “Wissenspause” geladen. Seine Gäste: Baubürgermeister Andreas Ringle und Stadtplanerin Nina Haug. Das Thema: Wie erweckt man eine Innenstadt zum Leben, wenn der Handel allein nicht mehr reicht?
“Es geht darum, einladende Orte zu schaffen, wo sich Menschen wohl fühlen”, erklärt Haug. Die Expertin plädiert dafür, den Begriff Innenstadt neu zu denken. Nicht mehr die Fußgängerzone, sondern der Neckar solle ins Zentrum rücken. Eine radikale Idee, die bei den rund 100 Zuhörern für Aufsehen sorgt.
Ringle pflichtet ihr bei: “Wir müssen größer denken.” Der Baubürgermeister wünscht sich “mehr Wertschätzung für unsere Stadt” und verweist auf die Dynamik, die die Bundesgartenschau 2019 entfacht hat. “Zwei Millionen Besucher können nicht irren”, schmunzelt er.
Doch wie sieht sie aus, die Innenstadt der Zukunft? Haug und Ringle sind sich einig: Es braucht Vielfalt. Wohnen, Arbeiten, Essen, Feiern – all das soll in der City Platz finden. “Studenten bringen immer Leben in die Bude”, sagt Haug und schlägt eine Uni-Bibliothek für das umstrittene Reim-Areal vor. Ringle geht noch weiter und bringt gar einen Busknoten ins Spiel.
Nostalgie hat in diesen Visionen keinen Platz. “Disneyland pur” nennen beide die Idee, historische Fassaden zu rekonstruieren. Stattdessen setzen sie auf behutsame Transformation. Das Wollhaus-Areal soll im Bestand weiterentwickelt werden, für das Umfeld plant die Stadt einen Gestaltungswettbewerb.
Die Diskussion zeigt: In Heilbronn wird nicht nur über die Probleme der Gegenwart nachgedacht. Hier entstehen Konzepte für eine lebendige Stadtmitte, die weit über den Tellerrand hinausreichen. Ob am Neckarufer bald Studenten flanieren oder am Marktplatz Busse statt Autos dominieren – die Stadt am Neckar scheint bereit für mutige Experimente.
Am Ende bleibt die Erkenntnis: Heilbronn steht vor der Herausforderung, Tradition und Innovation in Einklang zu bringen. Die “Wissenspause” im Deutschhof zeigt: Hier wird nicht nur über die urbane Zukunft geredet – hier wird sie aktiv gestaltet. Zwischen Wollhaus und Neckarufer könnte eine Innenstadt entstehen, die Vorbild für ganz Deutschland wird. Die nächste urbane Revolution? Sie könnte durchaus einen schwäbischen Akzent haben – und vielleicht sogar am Neckar beginnen.