GovTech Campus Deutschland: Basteln an einer Verwaltung für die Bürger

Der GovTech Campus Deutschland geht in Heilbronn an den Start. Sein Ziel ist es, Künstliche Intelligenz sinnvoll in den Behörden zu verankern, um Prozesse effizienter, schnelle rund bürgerfreundlicher zu machen. Netzwerken ist dabei ein zentrales Element.

Von Jürgen Paul, Foto: Jürgen Paul

Was bedeutet Digitalisierung? Eine einfache Antwort auf diese Frage hat Gunter Dueck. “Erst mal weg mit allem, was den Bürger stört”, sagt der langjährige IBM-Manager. Damit trifft er am Freitag in der Heilbronner Experimenta ins Schwarze. Denn dort geht es an diesem Vormittag darum, die öffentliche Verwaltung mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz so zu gestalten, wie sie eigentlich sein sollte, aber viel zu selten ist: effizient, einfach, schnell – im Sinne der Bürger.

Oder, wie Ammar Alkassar es formuliert: “Wir wollen Demokratie technologiefähig machen.” Und damit die Glaubwürdigkeit des Staates unter Beweis stellen. Alkassar ist Vorstand des Vereins GovTech Campus Deutschland, der jetzt einen Standort in Heilbronn gegründet hat. “Das ist das erste regionale GovTech-Zentrum”, betont Alkassar. Bisher ist die Initiative in Berlin, Hamburg und Frankfurt vertreten.

GovTech Campus: Kein Zufall, dass die Wahl auf Heilbronn fiel

Es ist natürlich kein Zufall, dass sich der vierte GovTech Campus in Heilbronn ansiedelt, auch wenn die Entscheidung vor dem Hype getroffen worden sei, wie Alkassar versichert. Damit meint er den Innovation Park Artificial Intelligence, kurz Ipai, der in Heilbronn entsteht und nichts weniger als das Ziel verfolgt, beim Thema Künstliche Intelligenz (KI) europaweit führend und weltweit auf Augenhöhe mit den Größen aus den USA oder China zu sein. “Ein ganz dickes Brett” sei das, weiß Alkassar. Aber das Heilbronner KI-Ökosystem, wie derlei Netzwerke heute genannt werden, wächst. Neben Großunternehmen, Mittelständlern, Start-ups und Forschungsinstituten sollen auch öffentliche Verwaltungen und Behörden ein Teil davon sein.

In deutschen Amtsstuben herrscht Angst vor KI

Schränke voller Papierakten prägen noch immer das Bild in deutschen Amtsstuben. Der GovTech Campus in Heilbronn will das ändern, indem Künstliche Intelligenz eingesetzt wird, um schnelle und effiziente digitale Prozesse zu ermöglichen. Foto: dpa  Foto: Arne Dedert

Der GovTech Campus Heilbronn wird zunächst im Ipai-Gebäude im Zukunftspark angesiedelt sein und hat die Aufgabe, gemeinsam mit den Netzwerkpartnern Lösungen für den Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung zu entwickeln. Denn in deutschen Amtsstuben “ist bei diesem Thema immer noch Angst zu spüren”, sagt Markus Richter, Staatssekretär und Beauftragter der Bundesregierung für Informationstechnik. Er warnt davor, Ängste vor KI zu schüren, will stattdessen Transparenz schaffen und die Bürger mitnehmen. Richter will mehr Fehlertoleranz in Behörden zulassen, mehr auf den Sinn und Zweck von Verordnungen achten statt auf den exakten Wortlaut.

“Ärmel hochkrempeln und loslegen”, lautet die Maxime von Florian Stegmann, Chef der Staatskanzlei Baden-Württemberg. Aus seiner Sicht bedarf es “disruptiver Änderungen” in der Verwaltung, also einer komplett neuen Arbeits- und Denkweise, um einen “Regulierungsbankrott” zu vermeiden. Er werde regelmäßig mit der Landesverwaltung den Heilbronner Campus besuchen, versicherte Stegmann.

Campus soll Gewinn für alle bringen

Der GovTech Campus Heilbronn bringe eine Win-Win-Situation, ist Stegmann überzeugt. “Die Start-ups profitieren, weil sie mit uns einen Ankerkunden haben, mit dem sie werben können. Und wir als Verwaltung profitieren von der Geschwindigkeit und der Dynamik der Start-ups”, sagt der Chef der Staatskanzlei. Den Rahmen für das Ganze wird die Dieter-Schwarz-Stiftung liefern, wie Geschäftsführer Reinhold Geilsdörfer versichert. Und zwar nicht nur mit den notwendigen Finanzmitteln, sondern auch mit der Förderung von Start-ups und Forschungsprojekten. Die regionale und überregionale Vernetzung aller Akteure werde entscheidend sein für den Erfolg des KI-Standorts Heilbronn.

Was konkret auf dem GovTech Campus geschehen wird, umreißt Vorstand Ammar Alkassar. Es geht neben der Vernetzung vor Ort und per Online-Plattform auch um Lernformate wie Vorträge und Workshops. Und darum, Lösungen für ganz konkrete Probleme zu entwickeln und diese in der Praxis zu testen. Am Schluss soll die Skalierbarkeit dieser Lösungen mittels großer Cloud-Plattformen stehen – und zwar idealerweise einheitlich für alle 16 Bundesländer. Die regionale Verankerung des GovTech Campus soll helfen, die verschiedenen staatlichen Ebenen zu durchzubrechen, betont Richter. “Dafür ist Heilbronn der ideale Standort.”

Pilotprojekt F13 im Land

Das Projekt F13 zeigt, wie Künstliche Intelligenz in der baden-württembergischen Verwaltung segensreich wirken kann. Die Lösung des Heidelberger Unternehmens Aleph Alpha hilft Behörden bei der Recherche und Zusammenfassung von Texten, beim Erstellen von Vermerken und beim Generieren von Fließtext. Seit Mai wurden mit F 13 mehr als 10 000 Zusammenfassungen erstellt.

Mit freundlicher Genehmigung der Stimme Mediengruppe & der Heilronner Stimme

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