Gehirntausch im Mittelstand: So bringen TUM-Studierende frische Ideen ins Unternehmen

Von Robert Mucha, Foto: TUM Campus Heilbronn

Fünf Tage, 40 Teams, 35 Unternehmen – die 1.000+ Projektwoche der Technischen Universität München katapultiert Masterstudierende mitten ins wirtschaftliche Getümmel. Auch drei Unternehmen aus der Region Heilbronn erlebten den hochkonzentrierten Wissenstransfer: Von einer KI-Testautomatisierung, die den Prozess um das Fünffache beschleunigt, bis zu biobasierten Additiven aus Obstschalen. Eine Erfolgsgeschichte, die Studierenden praxisnahe Erfahrungen und Unternehmen frische Perspektiven verschafft.

Es ist keine Kaffeemaschine, die hier brodelt – es sind die Köpfe der Studierenden. Am letzten Tag der 1.000+ Projektwoche ist die Nervosität bei Jose und Mohamed spürbar. Die beiden Masterstudenten vom TUM Campus Heilbronn bereiten ihre Abschlusspräsentation vor. Jose, aus dem peruanischen Hochland stammend und Masterstudent in Management & Digital Technology, und Mohamed aus der ägyptischen Metropole Kairo, Masterstudent im Fach Information Engineering, haben sich eine Woche lang in die Welt eines IT-Unternehmens vertieft.

Ihre Aufgabe hatte es in sich: „Entwickelt ein Tool, mit dem wir die Abläufe unserer Projektmanagement-Software automatisch auf Fehler testen können.“ Eine Herausforderung, die sie mit Nachtschichten und starkem Kaffee meisterten. Das Ergebnis kann sich sehen lassen – mit Hilfe von Java und Playwright haben sie ein Tool erschaffen, das den Testvorgang um das Fünffache beschleunigt. „Wir mussten ein paar Nachtschichten einlegen“, sagen die beiden lachend. Die Erleichterung über das Erreichte ist ihnen anzumerken.

Globale Expertise für lokale Herausforderungen

Die 1.000+ Projektwoche ist ein Paradebeispiel dafür, wie Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam Innovationen vorantreiben können. In diesem Jahr nahmen Masterstudierende aus verschiedenen Nationen teil, die alle Schools der TUM und sogar TUM Asia vertraten. Sie bildeten 40 interdisziplinäre Teams, die in 35 Unternehmen von Ottobrunn bis Berlin eingesetzt wurden – in Branchen wie IT, Automobil, Medizintechnik, Sicherheit, Banken, Versicherungen, Bauwesen, Beratung und Mobilität.

Während Mohamed und Jose eine Testautomatisierung entwickelten, arbeitete ein Viererteam bei einem Chemie-Hersteller an einem ganz anderen Problem. Natalie (Chemie), Nagarajan (Sustainable Management and Technology), Sriram und Komal (beide Chemical Biotechnology) sollten einen Innovationsprozess für ein Unternehmen etablieren, das auf Additive spezialisiert ist.

Das Ergebnis: Ein Tool zur Bewertung neuer Ideen nach Realisierbarkeit, Relevanz und potenziellem Einfluss sowie ein konkretes Fallbeispiel. Die Studierenden schlugen dem Unternehmen vor, verstärkt auf Biotechnologie zu setzen und biobasierte Additive aus Obstschalen, -kernen oder pflanzlichen Proteinen zu entwickeln. Ein mutiger Vorstoß in Richtung Nachhaltigkeit – mit einem durchdachten Implementationsfahrplan.

KI und der Mensch im Schlepptau

Parallel dazu beschäftigte sich ein dritter Trupp aus Heilbronn mit einer Herausforderung im Bereich Künstlicher Intelligenz. Ying, Mohit, Mohammadreza, Mayank und Shabnam – allesamt Masterstudierende am TUM Campus Heilbronn – arbeiteten bei einem führenden europäischen IT-Dienstleister an einem KI-Projekt in früher Entwicklungsphase.

Moderne KI-Systeme werden zunehmend durch „Human in the Loop“-Algorithmen trainiert, die kontinuierlich menschliches Feedback einbeziehen. Um die Akzeptanz für dieses Feedback zu steigern, entwickelten die Studierenden ein faires Kompensationskonzept. Für Mohammadreza, der zum zweiten Mal an der Projektwoche teilnahm, war es „ein wertvoller Lernprozess und eine Chance, mit Menschen aus verschiedenen beruflichen Bereichen und Perspektiven zusammenzuarbeiten.“

Mehr als nur ein Praktikum

Was die 1.000+ Projektwoche von klassischen Praktika unterscheidet, ist ihr interdisziplinärer Ansatz und der Fokus auf reale Unternehmensherausforderungen. Es geht nicht ums Kaffeekochen oder Kopieren, sondern darum, innerhalb kürzester Zeit konkrete Lösungen zu entwickeln.

Die Unternehmen profitieren von frischen Perspektiven und innovativen Lösungsansätzen, während die Studierenden wertvolle Praxiserfahrungen sammeln und potenzielle Arbeitgeber kennenlernen. „Die Zusammenarbeit hat viel Spaß gemacht. Jeder war hier so entgegenkommend und freundlich. Ich gebe der Aktion auf einer Skala von 1-10 eine 12!“, schwärmt Mohamed.

Für den TUM Campus Heilbronn, der sich auf die digitale Transformation in mittelständischen Familienunternehmen und Start-ups spezialisiert hat, ist die 1.000+ Projektwoche ein Kernstück seiner Mission: Wissenschaft und Wirtschaft zusammenzubringen, um gemeinsam Innovationen zu entwickeln. Mit solchen Initiativen könnte der Standort Heilbronn seine Position als Innovationszentrum weiter stärken – ein Gewinn für alle Beteiligten.

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